von Jan Popp-Sewing
Vom Urmel und von Piraten, von Nils Holgersson und Pippi Langstrumpf, von Israel und Deutschland lesen die Kinder der Düsseldorfer Yitzhak-Rabin-Schule – in Büchern, die sie seit einem Jahr in der schuleigenen Anne-Frank-Bücherei ausleihen können. In der vergangenen Woche wurde die Bibliothek nun offiziell eingeweiht.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, kam zu diesem Anlaß an den Rhein, um gemeinsam mit Gisèle Spiegel, der Witwe ihres Vorgängers Paul Spiegel, zu gratulieren. »Er wäre so gern dabeigewesen«, sagte Gisèle Spiegel. Ihrem im April verstorbenen Mann seien Schule und Bücherei eine Herzensangelegenheit gewesen. Daran erinnerten auch Schulleiterin Heidelinde Foster und Ruth Rubinstein vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Feuer und Flamme sei er gewesen für die Idee, der Yitzhak-Rabin-Schule eine Bibliothek zu verschaffen. Und in seiner gewohnt zupackenden Art habe er sich daran gemacht, diesen Plan zu verwirklichen.
Der Raum bietet sich geradezu an, als Schulbibliothek genutzt zu werden: Er ist deutlich zu groß für einen Klassenraum und an drei Seiten von Fenstern umgeben – hell, freundlich und einladend. Paul Spiegel hatte Professor Berthold Beitz, den Vorsitzenden des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, vor drei Jahren angesprochen, und dieser hatte Hilfe zugesagt. In der vergangenen Woche konnte Beitz sehen, welche Wirkung die 50.000-Euro-Spende entfaltet haben.
Entstanden ist ein großzügiger Multimedia-Raum mit Computer, Projektionswand und gut 1.600 Büchern, Hörbüchern und CD-Roms. Einige besonders beliebte Kinderbücher gibt es sogar auf hebräisch. Und damit die Kinder von der Bücherflut nicht gleich erschlagen werden, gibt es zwischen den übersichtlich sortierten Regalen noch einiges an Platz – für weitere Bücher. Alle Titel können ausgeliehen werden, sie haben eine Signatur auf dem Einband und sind auf Karteikarten verzeichnet. Die Bücherei ist an Schultagen von 13 bis 14 Uhr geöffnet.
»Gut 80 Prozent der Schüler nutzen die Bücherei. Einige sind richtige Vielleser«, erzählt Lehrerin Manuela Hanschel, die die Bücherei mitaufgebaut hat und von Anfang an betreut.
Dort wird übrigens nicht nur gelesen, sondern auch vorgelesen. Besonders beliebt ist das Bilderbuchkino, bei dem Kinderbuchseiten auf eine Leinwand projiziert werden, und die Lehrerin das Buch einer gebannt zuhörenden Schülergruppe vorliest. Es gibt auch schon eine Lese-AG. Einer von Manuela Hanschels Plänen ist es, eines Tages Autoren einzuladen, um die Schüler direkt mit den Schreibern in Kontakt zu bringen. Und auch bei den geplanten Kulturtagen der Gemeinde könnte die Bibliothek eine Rolle spielen.
Der Name Anne-Frank-Bücherei wurde mit Bedacht gewählt, als Symbol jüdischer Geschichte und Literatur. »Er soll eine Erinnerung an die jüdischen Kinder sein, die im Holocaust gestorben sind«, sagte Ruth Rubinstein. Und er solle den Jungen und Mädchen auch vor Augen führen, wie man mit Büchern dem Alltag in fremde Welten entfliehen kann.
Eingerahmt wurde die Einweihungsfeier von Aufführungen der Schüler, die sich eifrig mit dem Leben Anne Franks beschäftigt hatten. Besonders das Abschlußlied »Ich liebe Lesen« kam beim Publikum sehr gut an. Bei Berthold Beitz und der Stiftung bedankten sich die Kinder mit einer Tafel, auf der alle Schüler unterschrieben haben.
Als nächstes sollen alle Bücher eine digitale Signatur erhalten. Auf die Lehrerinnen kommt also noch viel Arbeit zu.