»In diesem Jahr ist es zunächst noch ein Pilotprojekt«, sagt der Historiker Stephan Wendehorst. Bei gutem Zuspruch ist er aber zuversichtlich, dass man im kommenden Jahr weitermachen werde. Zum Summer-School-Projekt der Universität Erlangen-Nürnberg »Juden im Heiligen Römi-
schen Reich und seinen Nachfolgerstaaten« haben sich im Kurort Bad Kissingen 23 Studierende versammelt. Grenzübergreifend ist die Herkunft der Teilnehmer, sie kommen aus Tschechien, Österreich und Deutschland. Noch übergreifender ist die Zusammenarbeit. Vertreter von Universitäten zwischen Oxford bis Jerusalem beteiligen sich an der Sommerschule.
Aber nicht nur die Internationalität macht dieses Studienprojekt interessant. Es ist auch die Mobilität. Für diese Saison haben sich die Organisatoren dazu entschlossen, wechselnde Veranstaltungsorte zu besuchen. So liegt es nahe, wenn Wendehorst über »Die jüdischen Besucher von Heilbädern in der Frühen Neuzeit« referiert, die Veranstaltung nach Bad Kissingen zu verlegen. Die jungen Forscher bleiben nicht im Elfenbeinturm ihrer jeweiligen »Alma Mater«. Mit Exkursionen und Besichtigungen werden die theoretischen Teile aufgelockert. »Und im nächsten Jahr sind wir in Jerusalem«, meint Wendehorst mit leuchtenden Augen. Er hat selber schon für knapp ein Jahr dort geforscht.
Das inhaltliche Programm der Summer- School ist auf jeden Fall ehrgeizig. Mit dem Fokus auf die frühe Neuzeit begeben sich die Historiker in einen Zeitabschnitt, der gerne unberücksichtigt bleibt. So gibt es auch »harte Knochenarbeit« – im Rahmen eines Paläografiekurses werden hebräische Handschriften aus dieser Epoche studiert. Sicherlich keine einfache Übung für die Teilnehmer, von denen nur zwei hebräische Muttersprachler sind.
Dieter Hecht von der Universität Wien referierte zum Thema »Der Kongress tanzt – Frauen und Toleranz in Wien«. Dabei beleuchtete er die besondere Stellung der literarischen Salons in Wien, die oft von jüdischen Frauen geleitet wurden. Exemplarisch geht er dabei auf Fanny von Arnstein und Cecilie von Eskeles ein. Im Um-
feld des Wieners Kongresses von 1814/15 kam es hier zu bemerkenswerten Zusam-
mentreffen, die mitunter auch Wirkung auf das politische Geschehen hatten.
Dieses Summer-School-Projekt hat seinen besonderen Wert in der Konzentration auf Epochen, die angesichts der Dominanz der Geschichte der Neuzeit ein Schattendasein führen. Erkenntnisse lassen sich be-
sonders für die Bereiche Familien- oder Rechtsgeschichte erhoffen. Der Elan der jungen Wissenschaftler hat schon heute die richtigen Fürsprecher. Sie werden beispielsweise vom »Jüdischen Museum Franken« in Fürth sowie dem jüdischen Dokumentationszentrum in Würzburg, dem deutsch-tschechischen Zukunftsfonds und von den fränkischen Bezirken und beteiligten Kommunen unterstützt.
»Der Kreis schließt sich«, sagt Daniela Eisenstein vom Jüdischen Museum in Fürth. Mit der Summer-School würden Themen für die Museumsarbeit erschlossen, die sonst unbeachtet blieben. Die reiche jüdisch-fränkische Geschichte biete ein riesiges Forschungsfeld in dem es erheblichen Nachholbedarf gebe. Thomas Künzl
übergreifend