Leere Stühle
im Bibelgarten
Zentralrat sagt Debatte mit dem Abgeordneten Nitzsche ab
von Daniela Breitbart
Es hätte ein Gipfel der besonderen Art werden sollen. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, hatte sich zu einem persönlichen Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche verabredet. Eingeladen hatte Maik Förster, der Leiter des »Bibelgartens« in Oberlichtenau, einem Ort nahe dem sächsischen Kamenz, der zu Nitzsches Wahlkreis gehört. Doch Förster blieb allein – einen Tag vor der geplanten Veranstaltung sagte Kramer ab. Für eine Diskussion, die nur einer ausgewählten Öffentlichkeit zugänglich sein solle, stehe er nicht zur Verfügung, begründete Kramer seine Entscheidung in einem offenen Brief an Nitzsche. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte er, er werde sich nicht vor seinen – Nitzsches – Karren spannen lassen.
Anlass für die geplante Begegnung waren die Äußerungen Nitzsches, mit denen dieser im Sommer vergangenen Jahres ins Kreuzfeuer der Kritik geraten war: Er hatte die frühere rot-grüne Bundesregierung als »Multikultischwuchteln« beschimpft und einen angeblichen »Schuldkult« in Deutschland angeprangert. Nach heftigen Protesten war Nitzsche im Dezember aus der CDU ausgetreten. Nun sollte er Kramer im »Bibelgarten«, der sich selbst als christliche und pro-jüdische Einrichtung versteht, Rede und Antwort stehen.
Der Veranstalter hatte die Begegnung als »Pressegespräch« angekündigt, dann allerdings nur den Chefredakteur der Sächsischen Zeitung als Moderator sowie den Informationsdienst der Evangelischen Alli- anz (idea) eingeladen. Anderen Medienvertretern, die bei dem Gespräch dabei sein wollten, darunter ein Autor der Jüdischen Allgemeinen, erteilte Förster eine klare Absage mit dem Hinweis, dass es sich um eine »geschlossene Veranstaltung« handele. »Wir wollten bei diesem brisanten Thema keine mediale Schlammschlacht auslösen, sondern mit Sachargumenten den Nazis das Wasser abgraben«, verteidigt er seine Strategie. »Alle Medien haben das verstanden – bis auf den epd«, sagt Förster. Dieser habe zu Unrecht Druck auf ihn und schließlich auch auf Kramer ausgeübt. Dabei sei das Vorgehen mit diesem genau abgesprochen und sogar schriftlich vereinbart worden. Jetzt wirft Förster dem Generalsekretär vor, sein Wort gebrochen zu haben. »Ich bin stinksauer. Kramer schadet damit nicht nur sich selbst, sondern macht geradezu NPD-Politik«, schimpft Förster. »Unseren Plan von einem jüdischen Europa-Zentrum können wir jetzt wohl vergessen.«
Ob und wann das Gespräch nachgeholt wird, ist ungewiss. In seinem Schreiben an Nitzsche betont Kramer, dass er nach wie vor zu einer öffentlichen Diskussion bereit sei. Voraussetzung sei jedoch der »freie Zugang sämtlicher Medien – ohne Einschränkung – und interessierter Einzelpersonen.« Für eine Moderation oder Presseberichterstattung sehe er »keine Notwendigkeit«, heißt es in dem Schreiben weiter. Nitzsche war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der »Bibelgarten« bleibt den Diskutanten jedenfalls verschlossen – Maik Förster lehnt inzwischen jede weitere Betei- ligung an der Begegnung ab.