geschichte
Künstlerisch entschädigt
Eine Gedenkstätte soll an die Zwangsarbeiter der IG Farben erinnern
von Susanna Keval
Der Präsident der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Rudolf Steinberg, und der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, haben Ende Februar die Pläne für das »Wollheim-Memorial« auf dem Frankfurter Universitätscampus Westend vorgestellt. Das Wollheim-Memorial dient dem Gedenken an die Zwangsarbeiter des Chemiekonzerns IG Farben im Lager Buna-Monowitz. Es soll Ende 2008 fertig gestellt sein.
Norbert Wollheim war Zwangsarbeiter in Buna-Monowitz und strengte nach dem Krieg den ersten Musterprozess gegen die IG Farben an. Er setzte sich vor Gericht durch und wurde damit zum Wegbereiter der NS-Zwangsarbeiterentschädigung, die heute weitgehend abgeschlossen ist. 2004 erhielt der Name Norbert Wollheim öffentliche Aufmerksamkeit, als der inzwischen verstorbene Repräsentant der Jewish Claims Conference in Deutschland, Karl Brozik, forderte, die Adresse der Goethe-Universität in Norbert-Wollheim-Platz umzubenennen. Die Goethe-Universität war 2001 in das ehemalige IG-Farben-Gebäude umgezogen. Der damalige Leiter des Fritz Bauer Instituts, Micha Brumlik, brachte die Forderung an die Öffentlichkeit und stieß damit auf erhebliche Kritik vor allem seitens der Stadt- und Universitätsverwaltung.
Die Lösung, die jetzt vorgestellt wurde, kann sich sehen lassen. Eine Kommission bestehend aus Überlebenden von Auschwitz-Birkenau und Buna-Monowitz, Studenten der Goethe-Universität sowie Vertretern des Fritz Bauer Instituts, der Claims Conference und der Universität entwickelte ein Konzept, in dem auf dem Campusgelände im Westend dreizehn fast mannshohe Metalltafeln mit Jugendbildern von Häftlingen von Buna-Monowitz und Auschwitz an Bäumen des Universitätsgeländes angebracht werden sollen. An den Bildern sind rote Häftlingsnummern angebracht. Die nächsten Generationen von Studierenden sollen damit zum Nachdenken und zum Forschen angeregt werden. In einem ehemaligen Pförtnerhäuschen wird ein Informationsort eingerichtet, in dem auf zwei Monitoren Wissen über das Lager Buna-Monowitz vermittelt wird und Interviews mit Überlebenden angehört werden können. Professor Heiner Blum von der Offenbacher Hochschule für Kunst und Gestaltung hat das Konzept entwickelt. Künstlerischer Berater ist Jean-Christophe Ammann, der frühere Direktor des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt am Main.
Das IG-Farben-Gebäude wurde als eines der ersten modernen Bürobauten 1928 bis 1931 von Hans Poelzig im Auftrag des IG-Farben-Weltkonzerns erbaut. 1933 wurde das Unternehmen zum NS-Staatkonzern, das sich massiv an den Kriegsvorbereitungen beteiligte. Durch das Gas Zyklon B, das eine mit dem Konzern verbundene Gesellschaft herstellte, war die IG Farben auch an der Vernichtungsmaschinerie der Nazis beteiligt. 1945 diente das Gebäude als Sitz der US-Militärverwaltung und bis zum Abzug der US-Armee aus Frankfurt als Sitz ihres V. Corps. Bereits 1955 erwarb das Land Hessen das Areal »Grüneburg«, das 1996 an die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität übergeben wurde.