von Miryam Gümbel
»Das ist wirklich eine Geburtstagsfeier mit Herz«, freute sich Charlotte Knobloch über die Feier, die der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern zum 75. Geburtstag seiner Präsidentin gestaltet hatte. Wie beeindruckt die Jubilarin war, war nicht nur ihren Dankesworten zu entnehmen: Beim Betreten des koscheren Gemeinderestaurants Fleming’s wischte sie sich mehrmals Tränen der Rührung aus den Augen, während die Anwesenden, begleitet von den Musikern Jakov Magid und Anatolij Fokin, ihr ein Happy Birthday sangen.
Die Überraschung war gelungen, alle Beteiligten hatten eisern geschwiegen. Robert Guttmann, Vorsitzender der Zionistischen Organisation Deutschlands (ZOD), hatte Charlotte Knobloch wenige Tage vor dem Termin in einer E-Mail gebeten, Gäste aus Israel vor der geplanten Vorstandssitzung in der vergangenen Woche im Restaurant zu empfangen. Die vielgefragte Präsidentin sagte zu und fand statt der erwarteten Gäste die versammelten Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer Chiel Rackowski sowie die Rabbiner Steven Langnas und Israel Diskin und deren Partnerinnen im Saal. Alles war abgestimmt auf das Geburtstagskind, bis hin zum Menü, das Abi Pitum zusammengestellt hatte: Wodka zum Auftakt, Latkes mit Lachs als jüdische Spezialität, Berliner Kürbissuppe für die Zentralratspräsidentin, israelischen Sekt, Münchner Kalbsroulade mit oberbayerischen Steinpilzen für die hiesige Präsidentin, Münchner Weißbier dazu, als Dessert amerikanische Brownies für die internationale Vizepräsidentin und zum Schluss italienischen Espresso. Für den gesamten Vorstand hatten insbesondere Vizepräsident Yehoshua Chmiel und Peter Guttmann einen digitalen Bilderrahmen vorbereitet. Auf dem dazugehörigen Chip waren Fotos aus den zurückliegenden Jahren gespeichert. Auf dem Rahmen hatten alle mit ihrer Unterschrift gratuliert. Sie wollten, so Chmiel, damit zeigen »wie sehr wir Sie wertschätzen.« Dieser Rahmen war aber nur der erste Teil der Gratulation. »Den Chip können Sie löschen. Den zweiten Teil aber müssen Sie annehmen: Dass Sie uns lange gesund erhalten sein sollen«, so Chmiel. »Wir wünschen uns, dass Sie bis 120 an der Spitze dieser Gemeinde stehen werden« ergänzte Vizepräsident Marian Offman. Schließlich sei auch nach der Errichtung von Synagoge und Gemeindezentrum noch eine Menge zu tun.
Für die so Gelobte spielten die Musiker, die zu jedem Gratulationsbeitrag ein passendes Musikstück parat hatten, schließlich auch die ›Jiddische Mamme‹. Wie sehr dieses Lied passte, zeigte sich auch in der Dankesrede der Präsidentin: »Sie sind in all diesen Jahren meine Familie geworden«, machte sie ihrem Vorstand, mit deren Mitgliedern sie zum Teil schon seit 25 Jahren zusammenarbeitet, zum Kompliment. »Nicht nur, dass ich Sie viel öfter sehe als meine Familie«, fuhr sie fort, »sondern weil man sich im Lauf der Zeit auch näher kennengelernt hat.« Sie dankte auch den jeweiligen Partnern und erinnerte dabei auch an ihren eigenen Mann sel. A. Charlotte Knobloch, die zu ihrem Geburtstag mehrfach gefeiert worden war, erzählte zudem von der Geburtstagsüberraschung seitens ihrer Kinder, die sie unter anderem zu einer Aufführung des Bolschoj-Theaters nach Moskau eingeladen hatten. Nathan Kalmanowicz dankte Charlotte Knobloch »für Ihre Bezeichnung Familie. Das ist etwas, was jeder von uns spürt.« Er fuhr fort: »Sie sind in Deutschland die Persönlichkeit, die es verdient, als Prima inter Pares genannt zu werden.« Für die Damen unter den Vorstandsmitgliedern überreichte Anita Kaminski einen Strauß Blumen für die immer gut aussehende Präsidentin. Passend dazu erklang das Lied »Bei mir bist du schein.«
Peter Guttmann schließlich hob die Power und Durchsetzungskraft der Präsidentin am Beispiel des in München heiß diskutierten Transrapid-Projektes hervor, das auch der Oberbürgermeister zwei Tage zuvor bei seinem Geburtstagsempfang für Charlotte Knobloch angesprochen hatte. Für Guttmann steht fest: »Wir brauchen keinen Transrapid, denn mit Ihnen haben wir einen.« Und dieses Engagement Knoblochs wünsche er sich auch für die Zukunft. Christian Ude hatte Charlotte Knobloch, die Münchner Ehrenbürgerin ist, unter anderem dafür gedankt, dass sie, die »schon in Kindheit und Jugend Antisemitismus, Unterdrückung und Verfolgung am eigenen Leib habe erleben müssen und als Holocaust-Überlebende erlitten habe« Brücken der Verständigung zwischen dem Volk der Opfer und dem Volk der Täter geschlagen habe und sich wieder zu ihrer Heimatstadt bekenne. »Dieser Heimatstadt haben Sie mit Ihrer Vision einer Renaissance jüdischen Lebens im Herzen der Stadt einen riesengroßen Dienst erwiesen. Sie haben München die Chance gegeben, nicht nur unter historischen Lasten zu leiden, sondern international wahrnehmbar an einer besseren Zukunft zu arbeiten.«
Bei der Feier erklärte Rabbiner Steven Langnas Engagement und Erfolg von Charlotte Knobloch mit einem Zahlenspiel. Mit Knoblochs jüdischem Namen Lea, der Gematria der daraus resultierenden Zahlen 36 sowie der 75 und der daraus entstehenden 111 seien ihre großen Kräfte ganz klar zu erkennen, verbunden mit Weisheit und einem großen Herzen. Es sei schon fast ein Wunder, wie sie alles schaffe, aber die Zahlen verrieten auch, dass sie ihre Arbeit trotz manchen Ärgers gerne tue. Er wünschte ihr noch einmal im Namen aller Anwesenden »Masel tow und viele gesunde Jahre.« Dann begann bereits wieder der Arbeitsalltag mit der anstehenden Vorstandssitzung.