Winter-Machane

Koscher hinter Klostermauern

von Marina Maisel

»Es geht mir darum, an König David als mutigen Helden zu erinnern und den Kindern zu zeigen, daß in jedem von ihnen ein kleiner David steckt, der das Judentum weiterbringen und stärken kann.« So begründete Lorin Nezer das Ziel des Machane mit Jugendlichen der IKG, als ihn Jugendzentrumsleiter Stanislav Skibinski wieder einmal um Unterstützung für ein Ferienpro-
gramm bat. Den ehemaligen Frankfurter Jugendleiter und seine Fahrten haben die Münchner längst zu schätzen gelernt. Entsprechend groß war der Andrang.
So ging es diesmal in die Toskana. Rund zwanzig Kilometer von Florenz in dem kleinen Ort Casa Montelungo entfernt, gastierten die 27 Jugendlichen in einem ehemaligen Kloster. »Hier hat jede Stunde die Glocke geläutet«, erzählt Igor Reichmann, einer der jungen Gäste. »Aber für mich war es schon ganz besonders, daß wir, als jüdische Gruppe, hier so einfach wohnen konnten.«
Die Logistik für dieses Projekt war nicht einfach und verdient besondere Anerkennung. Allein schon die Küche war eine echte Herausforderung. Lebensmittel, Geschirr, alle Materialien und sämtliche Technik wurden eigens nach Italien geschafft. Zwei Mitarbeiterinnen des Jugendzentrums übernahmen die Zubereitung der koscheren Speisen. Ein Maschgiach aus Israel achtete darauf, daß alles seine Ordnung hatte. »Das Essen war prima«, sagte Roman. »Ich habe schon viele Machanot hinter mir, aber Florenz war etwas ganz Besonderes.« Und er glaubt auch, einen Grund dafür zu kennen: »Vielleicht lag das an der familiären Atmosphäre.«
Die täglichen Kaminabende taten das ihre für die wohltuende Stimmung. Im gemütlichen Kreis, ein bißchen müde von den vielfältigen Aktivitäten des Tages, haben die Teilnehmer ihre Lieder gesungen. Igor Krasnov, einer der Madrichim, Jugendleiter, erwies sich an der Gitarre dabei als unersetzlich.
In drei Gruppen – benannt Brit Mila, Tfillin und Schabbat – lernten die Jugendlichen fast beiläufig die drei Zeichen des Bundes mit Gott. Vor allem für manche, die erst kürzlich aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen sind, war das wertvoll. »Es ist nicht so einfach, thematisch mit den Kindern zu arbeiten, weil sie einen sehr unterschiedlichen Wissensstand haben«, erzählt Madrich Roman Jurowetzki aus Weiden. »Wir haben sehr religiöse Kinder, die den Schabbat halten, in die Synagoge gehen und wieder andere, die überhaupt keine Vorstellung davon haben, was Tora und Schabbat bedeuten. Um solche Kinder nicht ins kalte Wasser zu werfen, muß man einen Mittelweg finden.« Wichtig waren dabei Themenabende wie Gespräche in der Gruppe über die jüdische Familie.
Natürlich hatten die Jugendlichen ausreichend Gelegenheit, die üblichen Florentiner Highlights wie Uffizien, Ponte Vecchio, Akademie der Künste oder die prachtvollen Palazzi zu erkunden. Außerdem gab es noch ganz spezielle Programmpunkte wie das jüdische Museum mit seinen Manuskripten und Kultgegenständen oder die Synagoge mit ihren Fresken und venezianischen Mosaiken. Im Hof waren die Namen der florentinischen Juden in Marmor gemeißelt, die während der Schoa deportiert und ermordet worden sind.
Auch David, das Symbol der Reise, blieb nicht ohne Eindruck auf die Besucher aus München. »Der ist echt groß und sieht so männlich aus«, formulierte der zwölfjährige Simon Blindmann, der jüngste Teilnehmer, sein Gefühl von der monumentalen und wohl berühmtesten Statue Michelangelos.
Die Jugendlichen konnten die Kunst in Florenz nicht nur anschauen und bestaunen. Sie durften sich auch selbst als Künstler versuchen. Anderthalb Stunden verbrachten sie täglich in einer Künstlerwerkstatt und setzten dort das um, was sie tagsüber besichtigt hatten. Betreut wurden sie dabei von zwei Künstlern der Kunsthochschule Offenbach. Dabei wurde leidenschaftlich gemalt, gezeichnet, gegipst. Leinwände und Papier wurden mit leuchten-
den Pinselstrichen aus Acrylfarbe oder mit zarten Tuschezeichnungen künstlerisch gestaltet. Am Ende konnten die jungen »Botticelli« und »Michelangeli« eine fast schon professionelle Vernissage veranstalten. Roman Jurowetzki erzählt: »Wir ahnten nicht, daß die Kinder darauf abfahren würden. Für die Kindern war es eine wichtige Erfahrung zu sehen, was sie mit professioneller Anleitung alles schaffen können. Das geht weit über das hinaus, was der Kunstunterricht in der Schule leisten kann. Und dabei sah es wirklich auch noch phantastisch aus!« Die Bilder, so hoffen die jungen Künstler, könnten bald in München im Jugendzentrum gezeigt werden.

Kultur

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