von Katrin Richter
Einen Tag vor dem 63. Jahrestag der Zerstörung Dresdens hat das sächsische Kabinett den Entwurf eines neuen Versammlungsgesetzes auf den Weg gebracht und damit eine klare Beschränkung für Neonazi-Aufmärsche beschlossen. Dieser Entschluss kommt für das Gedenken an die Bombardierung Dresdens in diesem Jahr zu spät.
Am vergangenen Samstag zog die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland durch Dresden. »Sie wäre beinahe gleichzeitig zu unserem Schabbatgottesdienst an der Synagoge vorbeimarschiert«, sagt Nora Goldenbogen, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden. Der Gottesdienst, zu dem viele Dresdener gekommen waren, sollte ein Zeichen setzen gegen die schleichende Vereinnahmung des Gedenktages durch rechtsextreme Gruppen.
Die Demonstrationen der Neonazis beschäftigen die kleine Gemeinde jedes Jahr von Neuem: Die Route, die von der Stadt mit schöner Regelmäßigkeit genehmigt wird, führt direkt an der Synagoge vorbei. Daran habe sich nichts ändern lassen, sagt die stellvertretene Pressesprecherin der Stadtverwaltung Dresden, Heike Großmann. Da vom ursprünglichen Demonstrationsantrag keine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausging, seien der Stadt rechtlich die Hände gebunden.
Das »Bündnis für Demokratie« organisierte eine Gegendemonstration mit dem Titel »Geh denken«. »Die Teilnehmer waren so couragiert, auf der Brücke stehen zu bleiben, so dass die Neonazis nicht weitermarschieren konnten.«, sagt Goldenbogen. Zivilcourage, die die Gemeindevorsitzende sehr beeindruckt hat. Auch die Jüdische Gemeinde wehrte sich und zog sich am 13. Februar vom gemeinsamen stillen Gedenken auf dem Heidefriedhof und der Kranzniederlegung zurück. »Es ist uns schon in den vergangenen Jahren schwer gefallen, daran teilzunehmen«, sagt Goldenbogen. Das Problem: Neben der wachsenden Präsenz der Neonazis ist das stille Gedenken verschieden auslegbar. »So gedenken die einen dessen, was sie den alliierten Bombenholocaust nennen, und die anderen gedenken ihrer Angehörigen.« Eine Situation, mit der Nora Goldenbogen höchst unzufrieden ist. Die Gemeinde legte deswegen ihren eigenen Kranz zum Gedenken der Opfer, unter denen auch Juden waren, nieder. Das wiederum hatte zur Folge, dass es E-Mails von rechtsgerichteten Gruppen mit dem Tenor gab, die Jüdische Gemeinde boykottiere das Gedenken.
Der Erste Oberbürgermeister Dresdens Lutz Vogel sagt, der öffentliche Raum müsse verteidigt werden. Wie das genau geschehen soll, das wollen Goldenbogen und Vogel jetzt in einem Gespräch klären.