Es ist ein Einsatz der ganz besonderen Art. Sie sind mit Hacken, Schaufeln und Harken ausgerüstet. Und statt auf dem Kasernenhof strammzustehen, jäten die Soldaten geduldig Unkraut und entfernen Efeu von den alten Grabsteinen auf dem Friedhof der Synagogengemeinde Adass Jisroel in Weißensee.
Seit sieben Jahren pflegen Reservisten und Soldaten der Bundeswehr im Herbst und im Frühjahr für jeweils zwei Wochen die Gräber, die über viele Jahre von Buchsbaum und Unkraut bedeckt waren. Sie sorgen dafür, daß der Friedhof nicht vom dichten Grün verschlungen wird. Einer der insgesamt dreißig Freiwilligen ist der 20jährige Marcus Ilgner, Gefreiter des 2. Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung. Eigentlich kommt er aus Meißen, »der Stadt des weltberühmten Porzellans”, wie er schnell hinzufügt. Der gelernte Koch war sprachlos, als er die verwahrlosten Gräber sah. Soviel Verwilderung – das hatte er sich nicht vorgestellen können. Die Zeit, die er hier verbracht hat, war für ihn eine Bereicherung, sagt er. Sich die hebräischen Inschriften anzusehen, sich Gedanken über die Verstorbenen zu machen und natürlich der Friedhof selbst, all das habe ihn sehr beeindruckt, sagt Ilgner.
Der Vorsitzende von Adass Jisroel, Mario Offenberg, betont, daß es gerade »in der heutigen Zeit ganz wichtig ist, daß man solche positiven Zeichen setzt. Es sind alles junge Leute, die sehr ernsthaft und engagiert hier gearbeitet haben.” Beim gemeinsamen Rundgang über den Friedhof sieht auch Brigadegeneral Victor von Wilcken die Resultate aus den letzten zwei Wochen: »Meine Herren, Sie haben prima zugepackt.« Das merken die Soldaten auch an ihren knurrenden Mägen, und deshalb geht es erst einmal in die wohlverdiente Mittagspause. Die Verpflegung ist koscher und durchaus beliebt bei den Soldaten. Knisches mag der Gefreite Ilgner zwar nicht so gern, aber vom Kuchen ist er hellauf begeistert. Katrin Richter
Adass-Jisroel-Friedhof