Klingelbeutel
In Osnabrück spenden Christen für die neue Synagoge
Gegen Ende des Jahres gibt es Geschenke, ob man sie nun bekommt oder anderen damit eine Freude macht. In Osnabrück passiert das sogar interreligiös. Die Christen in der Stadt sammeln in Gottesdiensten für den Neubau des jüdischen Gemeindezentrums und der Synagoge, katholisches Bistum und evangelisches Sprengel spenden zusätzlich. »Das freut uns selbstverständlich sehr«, sagt Michael Grünberg, der erste Vorsitzende der Gemeinde. »Dass es Kollekten in den Kirchen geben wird, das hat für mich einen ganz besonderen Charakter. Denn daran ist die Bevölkerung direkt beteiligt. Welche Summe dabei auch immer herauskommt – das ist egal.«
In den katholischen Kirchen wurde bereits am vergangenen Wochenende gesammelt, die evangelischen ziehen am 24. Januar nach. »Zusätzlich stellen beide jeweils 10.000 Euro bereit«, erklärt Hermann Haarmann, Sprecher des Bistums Osnabrück. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man die jüdische Gemeinde unterstützt. »Wir haben ein ausgezeichnetes Verhältnis. Unser Bischof war schon mehrmals in der Synagoge, hat dort Gottesdienste gefeiert und hat Mitgliedern der Gemeinde bei einer persönlichen Führung den Dom gezeigt«, sagt Haarmann. »Das war zu der Zeit, als es in Rom den Streit um die Pius-Bruderschaft gab. Und trotzdem wurde der Termin nicht abgesagt«, betont der Sprecher. Im nächsten Jahr soll es dann sogar ein gemeinsames Schulprojekt mit Christen, Muslimen und Juden geben.
Mit der Zusammenarbeit der Religionen ist auch Michael Grünberg zufrieden. »Es gibt einen Arbeitskreis der Religionen, jetzt auch einen Runden Tisch der Religionen, da besteht ein reger Austausch.« Dass während des Neubaus der Synagoge das Gemeindeleben weitergeführt werden konnte, habe man auch dem Bistum zu verdanken. »Wir arbeiten derzeit in Räumen, die uns der Bischof mietfrei zur Verfügung gestellt hat«, betont Grünberg. Die provisorische Synagoge ist in der ehemaligen katholischen Fachhochschule untergekommen. »Wir mussten improvisieren, aber wir sind glücklich. Es gibt Büros, ein Jugendzentrum, und aus der Synagoge wird nach dem Gottesdienst ein Mehrzwecksaal«, erzählt Grünberg. Wenn das neue Gemeindezentrum Anfang Februar eröffnet wird, soll das Leben aber selbstverständlich weiter aufblühen. »Wir haben rund 1.000 Mitglieder. Das ist ein großes Potenzial«, so Grünberg. »Wir werden Unterrichtsräume für Kinder haben, ein großes Jugendzentrum, eine sehr schöne Synagoge, vernünftige Büros und – ganz wichtig – eine Mikwe. Wir werden die Hardware haben, um ein vernünftiges Gemeindeleben durchzuführen. Die müssen wir nur noch nutzen.« Zlatan Alihodzic