Wie Millionen anderer Architekten hatte Ephraim Goldberg jahrelang in drittklassigen Büros geschuftet und dort bestenfalls zweitklassige Projekte betreut. Eines Tages zerknüllte er einen seiner Entwürfe, warf ihn in den Papierkorb – und hatte eine Erleuchtung: Das zusammengeknüllte Papier im Eimer besaß eine eigentümliche Schönheit, die es zu erkunden galt. So entstand eine neue Architektur der abgewinkelten Ebenen, kippenden Räume und gebrochenen Geometrie. Ephraim Goldberg wurde mit ihr unter dem Pseudonym Frank Gehry zu einem der weltweit gefragtesten und exaltiertesten Baukünstler unserer Zeit.
Frank Gehry wurde vor 80 Jahren, am 28. Februar 1929, in Toronto in eine polnisch-jüdische Familie geboren. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs zog er nach Kalifornien, wo er Architektur studierte und danach für die US-Army arbeitete, für die unter anderem Möbel baute. Anders als andere Architekten probierte Gehry seinen neuen, spät im Leben erarbeiteten Formenkanon zunächst in seinem eigenen Haus in Santa Monica aus. Es war der erste Ausbruch aus der Papierarchitektur und zeigte, was dekonstruktivistische Baukunst kann: Frei vom Ausdruck übergeordneter oder sozialer Ideen gefällt sich sie sich darin, verspielt (und nicht ohne Effekthascherei), alles Dagewesene auf den Kopf zu stellen. Wie in der »arte povera« der 70er-Jahre, die sich mit gefundenen, billigen und gewöhnlichen Materialien genügte, war auch Gehrys Baukunst zunächst sympathisch hausbacken – seine Möbelentwürfe beispielsweise bestanden aus einfacher Wellpappe.
Deutschland ist Gehry-Land. Nirgendwo sonst außerhalb der USA war der Stararchitekt so aktiv wie hierzulande. Vom Vitra-Museum in Weil, der Siedlung Goldstein in Frankfurt, dem Energieforum in Bad Oeynhausen, dem Zollhof in Düsseldorf bis zur DZ Bank in Berlin, dem Gehry-Tower in Hannover und der MARTa-Galerie in Herford hat Gehry alias Goldberg hierzulande sieben Gebäude entworfen, die ihre Wurzeln im Blick zurück in den Papierkorb nicht verhehlen. Ulf Meyer
Frank Gehry