Kinky Friedman

Kinky for Governor

von Doris Akrap

»Falls mein Name auf die Wahlzettel kommt, wird das der Beweis dafür sein, daß Gott Humor hat«, sagt Kinky Friedman. Der Countrysänger und Krimiautor will im November Gouverneur von Texas werden. Um als Unabhängiger kandidieren zu dürfen, muß er bis zum Mai 45.000 Unterschriften wahlberechtigter Texaner sammeln.
Seit Monaten ist Friedman deshalb auf Wahlkampftour durch Bars und Kneipen. In diesen Etablissements kennt man den ehemaligen Sänger der Countryband Kinky Friedman & his Texas Jewboys, der mit Songs wie They ain’t makin Jews like Jesus anymore und Ride ‹em Jewboy – dem einzigen Countrysong über die Schoa – in den 70er Jahren mit Bob Dylan auf Tournee ging und sogar im Tempel der Countrymusic auftrat, der Grand Ole Opry in Nashville.
Friedmans Musikerkarriere endete Anfang der 80er Jahre in »Regionen, in denen kein Nachtbus mehr fährt«, wie er es formuliert. Alkohol und harte Drogen, hatten ihn so sehr im Griff, daß er zwar 6.000 Dollar die Woche mit Auftritten im berühmten Lone Star Café in New York einspielte, aber seine Miete nicht zahlen konnte. »Jesus und Moses starben auch pleite«, kommentiert Friedman.
Kinky rappelte sich wieder auf und sattelte um auf Schriftsteller. Er schreibt satirische Krimis mit sich selbst in der Heldenrolle. Die Romane haben Kultstatus. Zu ihren begeisterten Lesern gehört Bill Clinton. Auch dessen Nachfolger George W. Bush ist bekennender Kinky-Fan. Präsidentengattin Laura Bush ist eine Jugendfreundin von Kinky und eine Fördererin seiner Utopia Animal Rescue Ranch, auf der Friedman ausgesetzten Hunden ein neues Heim bietet.
»Kinky for Governor. Why the hell not?«, steht auf den Aufklebern und Plakaten des parteiunabhängigen Kandidaten. Das scheinen offenbar auch viele Texaner zu denken. 21% von ihnen würden Meinungsumfragen zufolge Kinky Friedman wählen. Das ist knapp unter dem Ergebnis für den Kandidaten der Demokraten, der bei 25% liegt. Und das in einem erzchristlichen Staat, in dem Städte Corpus Christi, San Angelo und San Antonio heißen (aber auch Odessa). Kinky wundert das überhaupt nicht. Schließlich ist er, wie er betont, neben Jesus der einzige Jude, den die Texaner kennen. Mit Jesus habe er auch sonst viel gemein: »Wir sind beide jüdisch, hatten nie einen festen Job, waren nie verheiratet, sind durch die Gegend gezogen und haben Leute genervt.«
Sein Judentum streicht der Kandidat im Wahlkampf bewußt heraus. Einer seiner Slogans lautet: »My Governor is a Jewish Cowboy.« Und das, obwohl Juden und Cowboys laut Friedman nur eine Gemeinsamkeit haben: »Beide tragen ihre Hüte auch im Haus.« Auf Fragen nach seiner Steuerpolitik antwortet er »Vertraut mir. Ich bin Jude!« Statt des Lone Star, dem Stern in der texanischen Flagge, prangt auf Kinkys Werbeaufklebern ein Davidstern. Friedman setzt auch auf den Zionismus: »Die meisten Christen in Texas sind proisraelisch. Israelis und Texaner verbinden viele Gemeinsamkeiten; beide haben den John-Wayne-Spirit.«
Trotz aller lässigen Sprüche ist Kinky Friedmans Kandidatur kein Jux, sondern tatsächlich ernst gemeint. Sein Schritt in die Politik sei nur die logische Konsequenz aus dem, was er vorher gemacht habe, erklärt er: »Wie Willie Nelson sagt, habe ich als Musiker nie ein Instrument gespielt. Mir ging es darum, die Wahrheit zu erzählen.« Mit der Legalisierung des Glücksspiels will er ein neues Bildungsprogramm finanzieren. Durch die Förderung von Biodiesel soll im Land der Öldynastien und Rednecks nicht mehr »nach der Juke-Box der saudischen Ölscheichs getanzt« werden. Die Zehn Gebote sollen wieder in den Schulen gelehrt werden, wenn auch unter anderem Namen: »Vielleicht werde ich sie in ›Zehn Vorschläge‹ umtaufen.« Schwule und Lesben sollen heiraten dürfen, »damit sie genauso unglücklich werden können wie andere Leuten auch.«
Kinkys Wahlkampfveranstaltungen sind gut besucht. Ein texanischer Fernsehsender hat inzwischen sogar eine Reality- Show aus seinem Wahlkampf gemacht und plant demnächst, weitere Folgen als Doku-Soap zu produzieren. Inzwischen beginnen sogar die Politiker, Friedman ernst zu nehmen. Immerhin hat er als Wahlkampfmanager einen Profi eingestellt, der vor einigen Jahren einen anderen parteiunabhängigen Kandidaten, den Wrestlingstar Jesse Ventura, ins Amt des Gouverneurs von Minnesota brachte. Sollte Kinky Friedman am 7. November tatsächlich die Wahl gewinnen, hat er schon einige Personalvorschläge in petto. Seinen Freund, den ewig bekifften Countrymusiker Willie Nelson, will er wahlweise zum Drogenbeauftragten oder zum Energieberater ernennen. Seinen palästinensischen Friseur sähe er gern als israelischen Botschafter in Texas. Ein anderer guter Freund des jüdischen Cowboys ist Steve Rambam. Der erfolgreiche Nazijäger, der in Friedmans Krimis die kniffligsten Aufgabe übernehmen muß, soll Sicherheitsberater für Kinkys Deutschlandreisen werden.
Und falls er verliert? »Dann«, droht der Kandidat an, »werde ich wohl in beleidigtes Schweigen verfallen, den Rest meines Lebens auf einer Ziegenfarm verbringen und mit niemandem mehr sprechen.«

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