von Katrin Richter
Er steht immer am Eingang. Bei Regen, bei Sonnenschein und selbst dann, wenn das Quecksilber im Thermometer so gerade mal auf über null Grad klettert. Roy Hawkins ist einer der Portiers des Berliner Hotels Adlon. An ihm kommen alle Gäste irgendwann vorbei, sogar der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Am Abend des 6. November werden Hawkins und seine Kollegen wieder ihr allerschönstes Willkommens-Lächeln lächeln, wenn zum Beispiel die diesjährige Trägerin des Leo-Baeck-Preises, Bundeskanzlerin Angela Merkel, durch die Eingangstür tritt.
Bereits zum dritten Mal wird die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden in Deutschland im Adlon verliehen. Das Traditionshaus, das dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, ist in der Planung großer Veranstaltungen routiniert. Schließlich fanden dort schon einige Staatsbankette und Gala-Abende statt, zum Beispiel anlässlich der Verleihung des Deutschen Filmpreises. Doch ganz gleich, ob nun eine Familienfeier oder eine Preisverleihung ausgerichtet wird, die Vorbereitungen unterscheiden sich kaum voneinander. Veranstaltungsmanagerin Andrea Zeidler-Arslan erklärt: In enger Absprache mit dem jeweiligen Kunden prüfen die Veranstaltungsplaner des Hotels, ob und welche Räume zum gewünschten Termin frei sind. Je nach Art der Veranstaltung wird dem Kunden ein Angebot unterbreitet. Wenn alle vertraglichen Dinge geregelt sind, beginnt die Detailabsprache: Wie ist der zeitliche Ablauf? Welche Dekoration wird gewünscht, welche Stühle werden ausgewählt? Vor allem aber: Was soll den Gästen kulinarisch geboten werden?
Dieses nicht ganz unbedeutende Detail ist wohl der einzige große Unterschied zwischen der Leo-Baeck-Preisverlei-
hung und anderen derartigen Veranstaltungen. Denn gekocht wird koscher. Zwar finden im Adlon auch regelmäßig Bat-/Bar-Mitzwas und jüdische Hochzeiten statt. Doch für die Köche sei ein Abend mit koscherem Menü immer wieder eine besondere Herausforderung, sagt Zeidler-Arslan. Da es mehrere separate Küchen gibt, ist es möglich, eine davon koscher zu machen. Das Geschirr wird dann gekaschert oder ganz neu angeschafft. Die Auswahl, die Einkäufe der Lebensmittel und den gesamten Ablauf des Koscher-Machens überwacht ein Maschgiach der Berliner Gemeinde. Serviert wird am 6. November unter anderem Carpaccio von geräuchertem Lachs, als Dessert trifft Himbeer auf Zartbitter.
Dass die Gäste nicht vor leeren Tellern und halb vollen Gläsern sitzen, dafür sorgen 40 Kellnerinnen und Kellner, unter ihnen auch viele Auszubildende im Servicebereich. Gerade für sie ist ein Großereignis wie die Leo-Baeck-Preisverleihung etwas Besonderes. Denn erwartet werden viele Prominente aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Und wenn die Gäste am Ende des Abends durch die Drehtür wieder hin-aus in die Berliner Nacht gehen, dann werden Roy Hawkins und seine Kollegen kurz den Hut heben und wie immer jedem Besucher noch einen angenehmen Abend wünschen.