»Keine Hinweise auf eine Ausweitung
des Konfliktes«
Ehrhart Körting über den Krieg in Nahost und Auswirkungen auf Berlin
Herr Senator, Berlin will keine Flüchtlinge aus dem Libanon aufnehmen. Zeitungsberichten zufolge haben Sie dies unter anderem mit der Existenz einer großen jüdischen Gemeinde in der Stadt begründet. Wie ist das zu verstehen?
körting: Die Frage nach Flüchtlingen aus dem Libanon stellt sich derzeit nicht. Wir haben durch die Auseinandersetzungen eine dramatische Situation für die Menschen, denen natürlich geholfen werden muß. Ich meine, daß Hilfe am effektivsten durch die internationale Gemeinschaft geleistet werden kann, und zwar vor Ort. Wenn es zu Flüchtlingsströmen nach Europa käme und nach internationalen Absprachen auch Deutschland Flüchtlinge aufnehmen würde, wird natürlich auch Berlin humanitäre Hilfe leisten. Wir haben als Hauptstadt eine Vielzahl israelischer und amerikanischer Einrichtungen, ebenso eine große jüdische Gemeinde. Deshalb muß verhindert werden, daß sich hinter den Flüchtlingen, denen wir in ihrer Not helfen müssen, radikal-islamistische Kämpfer verstecken, die unsere Sicherheit und die genannten Einrichtungen gefährden.
Gibt es Anzeichen dafür, daß die Hisbollah daran interessiert ist, den Konflikt auf Deutschland auszuweiten?
körting: Nach der Schätzung des Berliner Verfassungsschutzes leben in Berlin etwa 160 Anhänger der Hisbollah. Diese treten aber gerade nicht offen auf, sondern bemühen sich um gesetzestreues Verhalten. Es deutet nichts darauf hin, daß der Konflikt auf Deutschland oder Berlin ausgeweitet werden soll.
Erkennen Sie andere sicherheitsrelevante Folgen der Nahost-Krise für Berlin?
körting: Nach der Einschätzung der Sicherheitsbehörden ergeben sich im Moment keine konkreten Anhaltspunkte für eine Verschärfung der Sicherheitslage in Berlin.
Die Demonstrationen gegen Israel gehen weiter. Sie haben in Berlin das öffentliche Bekenntnis zur Hisbollah und deren Chef Hassan Nasrallah untersagt. Warum, und wie wird das Verbot durchgesetzt?
körting: Die Hisbollah propagiert seit ihrer Gründung im Jahre 1982 die Auslöschung Israels. Unabhängig von der Frage, ob die Hisbollah in Deutschland eine verbotene terroristische Organisation ist, steht fest, daß sie terroristische Mittel verwendet. Die Hisbollah und ihr Generalsekretär Nasrallah stehen für die Forderung nach der Vernichtung des israelischen Staates. Derartige Forderungen haben nichts mehr mit einer legitimen Meinungsäußerung zu tun. Ich bin zutiefst überzeugt davon, daß in der Bundesrepublik Deutschland Rufe danach, Israel auszulöschen, nicht getätigt werden dürfen. Das ist mit unserem staatlichen Selbstverständnis nicht vereinbar. Deshalb darf auf Versammlungen in Berlin weder für die Hisbollah geworben noch – in welcher Form auch immer – das Existenzrecht Israels in Frage gestellt werden. Das wird den Anmeldern von Versammlungen in Auflagenbescheiden mitgeteilt. Wird gegen die Auflagen verstoßen, kann die Versammlung aufgelöst werden. Welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden – ob aus taktischen Erwägungen zum Beispiel zunächst nur Transparente eingezogen werden –, entscheiden die Polizeibeamten vor Ort. Außerdem müssen die Betreffenden mit Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen.
Mit dem Berliner Innensenator sprach
Detlef David Kauschke.