Keine Ehrung für Bonhoeffer
Israels Oberstes Gericht bestätigt Entscheidung von Yad Vashem
Der evangelische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer wird in Israel nicht als »Gerechter der Völker« anerkannt. Das Oberste Gericht hat am 30. Dezember in Jerusalem eine entsprechende Entscheidung der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem bestätigt. Der Berliner Pfarrer, dessen Geburtstag sich am 4. Februar zum 100. Mal jährt, wurde kurz vor Kriegsende 1945 wegen seines Widerstandes gegen das Naziregime hingerichtet.
In der Urteilsbegründung erkannten die Richter an, daß Bonhoeffer 1942 geholfen habe, daß die zum Christentum übergetretene Jüdin Charlotte Friedenthal ins Ausland gebracht und so gerettet werden konnte. Doch würden mit der Auszeichnung »Gerechte der Völker« nur Personen geehrt, die unter direkter Gefahr für das eigene Leben Juden vor der Verfolgung gerettet haben. Dies sei bei Bonhoeffer – so hatte der bei Yad Vashem dafür zuständige Ausschuß vor mehreren Jahren entschieden – nicht der Fall gewesen.
Bereits mehrfach hatte das Votum von Yad Vashem Widerspruch ausgelöst. Verschiedene Fakten seien bei der Bewertung außer Acht gelassen worden, sagten Kritiker, unter ihnen Historiker, Vertreter von Kirchen und des Reformjudentums. Verschiedene Personen, darunter der Chef der Weltunion für Progressives Judentum, Rabbiner Uri Regev, hatten gegen die Entscheidung der Holocaust-Gedenkstätte geklagt. Regev sagte der Jüdischen Allgemeinen, er akzeptiere die Überlegung der Richter, »sich nicht in die Entscheidung von Yad Vashem einzumischen«. Gleichwohl sei er vom Ausgang des Verfahrens enttäuscht. Estee Yaari, Sprecherin von Yad Vashem, erklärte dazu dieser Zeitung: »Wir bewerten den Richterspruch als Ausdruck des Vertrauens in die Arbeit unserer Kommission.«
Seit 1963 wurden mehr als 20.000 Menschen weltweit mit dem Titel »Gerechte der Völker« ausgezeichnet, darunter mehr als 400 Deutsche. ddk/epd