Dana Marbach nascht an einem riesigen Früchte-Eisbecher und erzählt, wie sie zum klassischen Gesang kam. Schon als Achtjährige in Ramat Gan hatte sie angefangen zu singen. Sie war Mitglied im Schulchor und sang später auch während des Militärdiens-tes. Und natürlich auch beim Studium an der Jerusalem Music Academy. Solange sie denken kann: Gesungen hat sie immer.
Jetzt singt Dana Marbach in Berlin, wo sie inzwischen auch wohnt. Anfangs war die Sopranistin nur regelmäßig zu Besuch in der deutschen Hauptstadt, um hier Unterricht bei renommierten Gesanglehrern zu nehmen. Berlin tue ihr gut, sagt sie, obwohl der Winter hier acht Monate lang dauert. »Ich habe genau mitgezählt, unendlich lang für jemanden, der wie ich aus dem Mittleren Osten kommt. Das reinste Gift für meine Stimme.«
Die junge Frau mit dem hellen lyrischen Sopran stand in Händels Messias in Graz auf der Bühne, hat Bachs Kaffeekantate mit den Berliner Symphonikern interpretiert und Schubert-Lieder in Tel Aviv aufgeführt. Natürlich im deutschen Originaltext.
Ihr Deutsch hat Dana Marbach an der Berliner Jüdischen Volkshochschule gelernt. Trotz des Familiennamens, der Assoziationen an Friedrich Schillers schwäbische Geburtsstadt am Neckar weckt, hat die Sängerin keine deutschen Wurzeln. Ihre Vorfahren stammen aus Schtetln in Polen. Die Großeltern, erzählt sie, und schiebt den Eisbecher zur Seite, haben Auschwitz überlebt. Überlebt hat auch ein Foto aus der Zeit vor der Schoa. Es zeigt die Familie ihres Vaters: Jedes Familienmitglied hält eine Geige in der Hand. Dana kannte das Foto nicht, als sie ein Kind war. »Mein Vater war regelrecht geschockt, als ich ihm irgendwann von meinem Wunsch nach einer Geige erzählte.«
Italienisch, Französisch und Englisch beherrscht Dana Marbach neben ihrer hebräischen Muttersprache ebenfalls. Die linguistische Vielfalt hat sie bei ihren bisherigen künstlerischen Auftritten gut brau- chen können. Italienisch hat sie in Palermo am Teatro Massimo in Mozarts Don Giovanni gesungen und am Teatro di San Carlo in Neapel in Verdis Don Carlos. Auf Englisch ist sie mit Musik von Purcell und Eccles mit dem Ensemble New London Consort in Paris aufgetreten. Das sind Stationen, deren Namen in der klassischen Musikwelt einen guten Klang haben.
Dabei ist die schlanke Frau mit dem glänzenden glatten Haar noch keine 30 Jahre alt. Führt sie ein Leben auf der Überholspur? Dana Marbach tritt auf die Bremse. »Es gibt so viele junge Sängerinnen, die früh Karriere gemacht haben und ebenso früh ausgebrannt sind.« Deshalb will sie sich Zeit lassen, auch für ihre Zusatzausbildung als Kunstliedsängerin, die sie an der Seite des Pianisten Dan Deutsch in Hamburg erhält. Und dann? »Wie jede Sängerin träume ich natürlich von den großen Bühnen dieser Welt, von der New Yorker Metropolitan Opera oder der Mailänder Scala. Aber darum geht es nicht.« Viel wichtiger als Ruhm sei es, das Publikum zu erreichen, die Zuhörer tief zu berühren.
Kommenden Sonntag tritt Dana Marbach im Berliner Musikinstrumentenmuseum auf. Das Gebäude liegt – reiner Zufall – in der Ben-Gurion-Straße. Auf dem Programm stehen Lieder von Mozart, Grieg, Strauss und anderen Komponisten. Eines heißt Verliebt bin ich, nur eben nicht in dich. Es stammt von Hugo Wolf, einem notorisch antisemitischen Zeitgenossen von Franz Schubert. »Ach, Richard Wagner war auch Antisemit, aber schöne Musik hat er trotzdem geschrieben«, sagt Dana Marbach lakonisch. »Zu Hause in Israel habe ich ein Buch, das hat den lustigen Titel Wer hat Angst vor Richard Wagner?« Die junge Sängerin jedenfalls nicht. Jonathan Scheiner
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