Herr Bartsch, wann bekommt die Links-Partei ihr Antisemitismusproblem in den Griff?
bartsch: Die Linke hat kein Antisemitismusproblem. Solche Positionen haben in unserer Partei keinen Platz. Äußerungen, die antisemitisch sind oder wirken, sind für uns gänzlich inakzeptabel, und wir werden sie auch künftig immer zurückweisen.
Schon August Bebel sprach vom linken Antisemitismus als dem »Antikapitalismus der dummen Kerls«.
bartsch: Es zeugt in der Tat nicht von Klugheit, die Kritik am Kapitalismus als eine Kritik am Charakter oder Verhalten von Menschen, Völkern oder Religionsgemeinschaften zu führen. Diese Verwechselung nannte Bebel »dumm«. Es gibt keinen linken oder rechten Antisemitismus. Antisemitismus ist Antisemitismus, egal aus welchem politischen Lager er kommt. Ein Problem heute ist, die Kritik an der israelischen Regierungspolitik so zu formulieren, dass sie weder Antisemitismus Vorschub leistet, noch des Antisemitismus verdächtigt werden kann.
Zuletzt hat der Linke-Kandidat für das Duisburger Oberbürgermeisteramt, Hermann Dierkes, zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. Warum war von den Parteivorsitzenden Lothar Bisky und Oskar Lafontaine kein Widerwort zu hören?
bartsch: In diesem Punkt gibt es keinerlei Differenzen in der Parteiführung. In einer Erklärung der Bundesebene wurde klar gestellt: Mit Boykottaufrufen ist eine Lösung im Nahost-Konflikt nicht zu erreichen.
In der Partei gab es aber auch Sympathie für Dierkes.
bartsch: Aus der Geschichte kann man sich nicht davon stehlen. Wer als politisch handelnder Deutscher zum Boykott Israels aufruft, muss wissen, in welche Tradition er sich damit begibt, mit welchen Assoziationen des kollektiven Gedächtnisses er spielt. Daraus gibt es kein Entkommen. Fehlendes Geschichtsbewusstsein führt auch zur politischen Disqualifikation.
Jüngst hat der Linke-Abgeordnete Norman Paech bemängelt, dass von der Geberkonferenz in Kairo kein Geld an die Hamas fließen soll.
bartsch: Was die Hamas angeht, so gibt es inzwischen auch in den USA die Tendenz, mit den Islamisten zu reden. Ohne Wenn und Aber: Es ist immer besser zu verhandeln als zu schießen.
Mit dem Bundesgeschäftsführer der Partei Die Linke sprach Martin Krauß.