von Noémi Berger
Ängstlich richten sich die Blicke gen Himmel. Schon Tage vor dem Lag-Baomer-Fest sind Wetterbericht und -prognosen die wichtigsten Informationen. Schließlich ist Lag Baomer nur ein Mal im Jahr und diesmal am kommenden Freitag, und alle wollen an diesem Tag mit Ausflügen, Grillen und Spielen an die Schüler des gelehrten Rabbi Akiba denken. Bestens vorbereitet mit geballtem Wissen um die römische Besatzung des heiligen Landes und den Bar-Kochba-Aufstand heißt es für Lehrer, Eltern und Schüler dann »ab ins Grüne«.
Ganz wichtig ist der Kartoffelsalat, nicht zu vergessen die Würstchen und die Steaks. Wenn das alles im Bus verladen ist, die Türen geschlossen sind, geht die Fahrt mit einem Lied auf den Lippen los: »T‹filah Laderech«.
Für ein gelungenes Fest im Freien empfiehlt sich das Lag-Baomer-Spiel. Die Gruppe wird in zwei Mannschaften aufgeteilt. Die einen sind die »Angreifer« und die anderen die »Verteidiger« eines vorher bestimmten Hügels im Gelände. Die Angreifer erhalten die Aufgabe, diesen Hügel, die Burg der Verteidiger, einzunehmen. Diese »Kampfhandlungen« sind jedoch ohne jegliche Gewalt. Die Spieler haben auf ihrer Stirn ein Pappschild mit einer vierstelligen Zahl. Dabei unterscheiden sich die von Angreifern und Verteidigern farblich. Wessen Nummer beim Versuch, die Burg einzunehmen erkannt wird, egal, ob Angreifer oder Verteidiger, der muss das Spielfeld verlassen.
Wer sich mehr fürs Logische begeistern kann, der spielt das Kochba-Ratespiel: Zu Beginn des Spiels verlässt einer die Gruppe, währenddessen einigen sich die anderen auf einen Gegenstand oder Begriff, den dieser durch gezielte Fragen, die nur mit »ja« oder »nein« beantwortet werden, erraten muss. Historischer Hintergrund ist die Gefangennahme eines Spions von Bar Kochba, der die römischen Legionen auskundschaften sollte. Die Römer erwischten ihn, rissen ihm die Zunge heraus, damit er im Lager von Bar Kochba nichts über ihre Stärke preisgab. So konnte er auf die Fragen seiner Kameraden nur mit Kopfbewegungen für »ja« oder »nein« antworten.
Wenn man dann am Reiseziel angelangt ist, bereiten die Älteren alles für das Grillen vor, die jüngeren Schüler könnten Fußball spielen. Das Grillen saftiger Fleischstücke sei zwar im Heiligen Land bei den Truppen von Bar Kochba bestimmt noch nicht üblich gewesen, doch, weiß der Religionslehrer, erinnere es heute an die Schüler Rabbi Akibas, die sich in Zeiten der Gefahr mit Feuerzeichen auf den Hügeln verständigten. Und bis die Würstchen durch sind, dienen Rate- und Fußballspiel als schöner Zeitüberbrücker.
Aber dann, endlich, wenn das Essen fertig ist, laufen alle auf den ersten Ruf zusammen und beißen begeistert in die knusprig gegrillten Würstchen und leckeren Salate. Das Essen ist übrigens dann gelungen, wenn nur noch Tüten mit Abfall und leere Eimer nach Hause zu transportieren sind.