Er war Alkoholiker, Kettenraucher, arbeitsscheu und frauenfeindlich. Knast und Psychiatrie hatte er von innen gesehen. Und jetzt soll Charles Bukowski (1920-1994) auch noch Antisemit gewesen sein. Das jedenfalls behauptet Victoria Gureyeva, Mitbesitzerin eines heruntergekommenen Bungalows im verslumten Los Angeleser Stadtteil East Hollywood, wo der Kultautor (Fuck Machine, Aufzeichnungen eines Außenseiters) von 1960 bis 1973 hauste und seine wichtigsten Bücher schrieb. Bukowski-Fans wollen, dass die Stadt das Gebäude in der De Longpre Avenue unter Denkmalschutz stellt, renoviert und daraus eine Erinnerungsstätte für ihr Idol macht. Victoria Gureyeva und ihre Mitbesitzer möchten das Haus lieber abreißen lassen, um das leere Grundstück für 1,3 Millionen US-Dollar als Bauland an einen Investor zu verkaufen.
Doch nicht Gewinnstreben motiviert Mrs. Gureyeva – sagt sie jedenfalls –, sondern moralische Erwägungen: »Der Mann liebte Hitler. Dies ist mein Haus, nicht das von Bukowski. Ich werde nie zulassen, dass die Stadt Los Angeles daraus ein Monument für diesen Mann macht!«
Völlig allein steht die Hausbesitzerin nicht mit ihrer Einschätzung des Autors, den Mickey Rourke in Barbet Schroeders biografischem Film Barfly 1987 verkörperte. Bukowski war ein Nazisympathisant, schreibt Ben Pleasants in seinem Buch Visceral Bukowski. Der gebürtige Deutsche habe in seinen Büchern Juden systematisch herabgewürdigt und sie ihm, Pleasants, gegenüber sogar wortwörtlich »ins Gas« gewünscht. Dem widerspricht entschieden Bukowskis Biograf Gerald Locklin (Charles Bukowski: A Sure Bet): Hinweise auf Antisemitismus fänden sich we- der in dessen Werk, noch habe der Autor ihm gegenüber je auch nur eine Andeutung von Judenfeindlichkeit gezeigt. Jetzt muss die Denkmalschutzbehörde von Los Angeles entscheiden, welchem Experten sie folgen will. Michael Wuliger
Charles Bukowski