Herr Kramer, Sie sind gerade aus Israel zu-
rückgekehrt, wo Sie mit Natan Sharansky, dem neuen Vorsitzenden der Jewish Agency, zusammengetroffen sind. Wie gestalten sich die Beziehungen zwischen dem Zentralrat und der Jewish Agency?
Sharansky hat den Wunsch nach enger Ko-
operation mit dem Zentralrat zum Ausdruck gebracht. Wir waren uns darin einig, durch gemeinsame Projekte beider Organisatio-
nen zur Stärkung des jüdischen Lebens in Deutschland beizutragen.
Stärkung des jüdischen Lebens in Deutschland oder Förderung der Alija?
Das eine schließt das andere nicht aus. Wer die jüdische Identität in der Diaspora fördert, stärkt damit auch die Bindung an Israel. Sharansky war bereits mehrfach in Deutschland und kennt die Situation der zu 90 Prozent aus russischsprachigen Neuzuwanderern bestehenden jüdischen Gemeinschaft. Er weiß, dass wir hier besonderen Herausforderungen gegenüberstehen.
Sie haben mit Nativ-Direktorin Naomi Ben-Ami gesprochen. Mit welchem Ergebnis?
Der erste Anlauf von Nativ vor zwei Jahren, in Deutschland tätig zu werden, brachte wegen ungenügender Koordinierung keine nennenswerten Ergebnisse. Inzwischen ist Nativ auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Zentralrat eingestellt.
Was sind die gemeinsamen Interessen, die eine Zusammenarbeit ermöglichen?
Das Allerwichtigste ist, jüdisches Bewusstsein zu fördern und das jüdische Wissen der Zu-
wanderer zu stärken. Wo diese Menschen und ihre Kinder eines Tages leben werden, bleibt ihrer persönlichen Entscheidung überlassen. Wir haben vereinbart, der Jugendarbeit und dem Engagement jüngerer Zuwanderer im jüdischen Gemeindeleben besondere Priorität einzuräumen.
Wie wird die Integrationsarbeit der jüdischen Gemeinden in Deutschland aus is-
raelischer Sicht bewertet?
Unsere Integrationsarbeit wird als überaus erfolgreich anerkannt, doch verfügen die Ge-
meinden naturgemäß nicht über die gleichen Ressourcen wie der Staat Israel. Daher kann die in Deutschland geleistete Integrationsarbeit von der israelischen Erfahrung profitieren. Ich habe darüber unter anderen mit Lia Schemtow, der Vorsitzenden des Knessetausschusses für Einwanderung, Eingliederung und Diasporaangelegenheiten, gesprochen.
Gibt es konkrete Vereinbarungen?
Der direkte Kontakt zu Israel ist für die Stärkung jüdischer Identität von großem Nutzen. Lia Schemtov hat unter anderem angeregt, auf die Interessen der in Deutschland lebenden Juden ausgerichtete Israel-Reisen zu initiieren. Zudem will der Zentralrat eine Reihe weiterer Kooperationsprogramme mit israelischen Partnern auf den Weg bringen. Die Palette ist sehr breit, vom Erziehungswesen bis hin zu Informationsveranstaltungen und politischem Austausch.