SED

»Juden wurden in der DDR nicht enteignet«

Frau Hartewig, die CDU möchte zum 9. November an »jüdische Unternehmer« erinnern, »die in der DDR enteignet wurden«. Was ist davon historisch zu halten?
hartewig: Das ist in jedem Fall zu kurz formuliert. Richtig ist, dass jüdische Remigranten, Überlebende der Konzentrations- und Ver- nichtungslager und Menschen, die das Dritte Reich im Versteck überlebt hatten, in der DDR keinen Anspruch auf Restitution ihrer Vermögen geltend machen konnten. De facto sind sie auf kaltem Wege ein zweites Mal enteignet worden, wie etwa der Kondomfabrikant Julius Fromm: erst von den Nazis und dann erneut von den Kommunisten. Bereits in den 40er-Jahren hatte sich die SED nach heftigen internen Debatten in erster Linie aus ideologischen Gründen gegen eine »kapitalistische Variante« der Wiedergutmachung entschieden. Gut antisemitisch wollte man im neuen Deutschland auf keinen Fall »jüdische Kapitalisten« wieder in ihre alten Rechte einsetzen.

Von einer Enteignung kann man also nicht sprechen?
hartewig: Mir ist kein Fall bekannt, dass Juden, die in der DDR als Unternehmer oder Freiberufler tätig waren, enteignet wurden. Anders verhält es sich bei denen, die bei Nacht und Nebel in den Westen flüchteten, wie es zum Beispiel tausendfach 1952/53 während des Schauprozesses gegen Rudolf Slansky in Prag geschah. Ihr Eigentum wurde in der Tat vom Staat eingezogen.

Was geschah mit Juden, die nach 1945 in die spätere DDR zurückkehrten?
hartewig: Als sozialistische Alternative zur westdeutschen Wiedergutmachung entwickelte die SED für die »Opfer des Faschismus« (OdF) eine besondere Sozialpolitik. Die gehorchte aber einer Hierarchie. Die »Opfer der Nürnberger Gesetze«, also die überlebenden Juden, erhielten eine bescheidenere Rente als die »Kämpfer gegen den Faschismus«. Schließlich hätten sie keinen Widerstand geleistet! Und bereits in den späten 40er-Jahren wurde genau geschaut, ob diese Leute bereit waren, sich loyal in die neue Gesellschaft zu integrieren. Man scheute sich nicht, den OdF-Status auch wieder abzuerkennen.

Nun wird das in Zusammenhang mit dem Gedenken an den 9. November gebracht. Ist das nicht bedenklich?
hartewig: Als Historikerin finde ich es grundsätzlich richtig und legitim, zweifelhafte Positionen in der Vergangenheit, wie die der SED, zu benennen und zu kritisieren. Es ist allerdings die Frage, ob man das zu diesem Anlass tun muss.

Mit der Göttinger Historikerin und Publizistin sprach Martin Krauß.

Berlin

Bundesregierung begeht Gedenktag für Opfer von Terror

Im Auswärtigen Amt werden dazu Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erwartet

 11.03.2025

München

Mann soll Plagiat wegen Obduktion seiner toten Mutter inszeniert haben

War es ein irrer Racheplan? Ein Mann soll mit der Fälschung eines Buches einem Rechtsmediziner geschadet haben. Seine Verteidigung fordert Freispruch – und auch er selbst äußert sich sehr ausführlich.

 07.03.2025

Hamburg

Wähler lassen AfD rechts liegen, Zeichen stehen auf Rot-Grün

In Hamburg hat Bürgermeister Tschentscher (SPD) weiterhin den Hut auf. Die AfD gewinnt Stimmen hinzu, bleibt aber vergleichsweise schwach

von Markus Klemm, Martin Fischer  03.03.2025

Israel

Tausende Israelis demonstrieren für die Freilassung der Geiseln

Die erste Phase der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas endet ohne eine Vereinbarung über eine Fortsetzung

 02.03.2025

Berlin

Geräuschlose Premiere: Schwarz-Rot sondiert still und leise

Möglichst bis Ostern soll die neue Bundesregierung stehen. Kein Selbstläufer, denn im Wahlkampf gab es viele Verletzungen. Wie problematisch diese sind, zeigt eine Umfrage in der SPD

von Marco Hadem  28.02.2025

Berlin

Entscheidung über Samidoun-Verbot dieses Jahr

Der Verein Samidoun, das Islamische Zentrum Hamburg, »Compact« - das Bundesinnenministerium hatte zuletzt eine Reihe von Vereinsverboten erlassen. Über einige wird demnächst entschieden

 26.02.2025

Berlin

Zentralrat der Muslime verurteilt Attacke am Holocaust-Mahnmal         

Am Freitag wurde ein Mann am Holocaust-Mahnmal in Berlin Opfer einer Messerattacke. Ermittler gehen von einem antisemitischen Hintergrund aus

 24.02.2025

Bundestagswahl

Orban gratuliert Weidel - und nicht Merz  

Ungarns Regierungschef hat AfD-Chefin Weidel kürzlich wie einen Staatsgast empfangen. Sie ist auch diejenige, an die er nach der Wahl in Deutschland seine Glückwünsche richtet

 24.02.2025

Berlin

Jens Spahn: Gespräche über Koalition können sehr schnell beginnen

CDU-Chef und Wahlsieger Merz will bis Ostern eine neue Regierung bilden. Bereits diese Woche soll es erste Gespräche geben

 24.02.2025