von Miryam Gümbel
Seit der Einweihung der neuen Münchner Synagoge Ohel Jakob am Jakobsplatz ist das Interesse am jüdischen Leben in der Stadt immens. Mit dem Schritt der Kultusgemeinde »hinaus aus dem Hinterhof ins Herz der Stadt« ist sichtbare Öffentlichkeit geschaffen worden. Vorarbeit für dieses Interesse wurde schon seit langem seitens der Kulturarbeit der IKG selbst, der Literaturhandlung, des Lehrstuhls für Jüdische Kultur, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition geleistet.
Letztere konnte im vergangenen November etwa zeitgleich mit der Synagogeneinweihung ihr 25jähriges Bestehen und die 20. Jüdischen Kulturtage feiern. Vereinsvorsitzende Ruth Snopkowski freut sich über das Erreichte. Denn die bejahende Neugierde gegenüber jüdischer Kultur und Tradition war nicht immer so groß. »Ganz im Gegenteil«, sagt Snopkowski. »Es gab eine große Schwellenangst auf dem Weg einer Begegnung, eines Kennenlernens.« Diese abzubauen, war eines der Anliegen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Simon Snopkowski sel. A. hatte.
Angefangen hatte es vor 25 Jahren zunächst mit dem Wunsch, so Ruth Snopkowski, vor allem der Generation, die sich nach dem Holocaust mit harter Arbeit eine neue Existenz in fremder Umgebung aufgebaut hatte, etwas von ihrer alten Kultur zu geben. Möglichkeiten waren unter anderem jiddisches Theater, Musik, Ausstellungen und Vorträge.
Das Programm wurde angenommen – ganz besonders von nichtjüdischen Münchnern. »Damit hatten wir nicht gerechnet«, sagt Snopkowski. Das Interesse blieb – und wuchs sogar. »So wagten wir uns 1987 mit Jüdischen Kulturtagen in den neuen Gasteig.« Die große Resonanz brachte dennoch nicht in gleichem Maße Selbstbewusstsein. Erst zehn Jahre später – und auch das nur auf Drängen ihrer Mitarbeiterin – entschloss sich Ruth Snopkowski, die Kulturtage »zu nummerieren«. Dabei waren sie längst fester Bestandteil im Münchner Kalender.
Gibt es eine Zäsur nach einem Vierteljahrhundert Arbeit in der Gesellschaft? »Nein«, sagt Ruth Snopkowski. »Nur die Schwerpunkte haben sich geändert. Heute liegt ein wichtiger Akzent auf der Erarbeitung der gemeinsamen Geschichte und auf dem jüdischem Beitrag zur Kultur in Bayern und Deutschland. Beispiele dafür sind historische Ausstellungen im Hauptstaatsarchiv. Auch Diskussionsveranstaltungen zur aktuellen Situation wie ›Gibt es ein neues bayerisches Judentum?‹ bei den vergangenen Kulturtagen werden gut angenommen. Unser Klesmerprogramm behält natürlich seinen Stellenwert.«
Und noch etwas ist neu: Das Miteinander mit der jungen Generation der nichtjüdischen Bevölkerung. Die Auslobung des Simon-Snopkowski-Preises regt Schüler und Lehrer an, in der eigenen Umgebung auf jüdische Spurensuche zu gehen. Das prämierte Musical Der letzte Brief des Ostendorfer Gymnasiums aus Neumarkt kommt am 10. Februar in der Black Box im Gasteig zur Aufführung.