von Lisa Borgemeister
Mainz bekommt eine neue Synagoge. In der vergangenen Woche ebnete der Stadtrat den Weg für das Neubauprojekt in der Mainzer Neustadt. Von den veranschlagten Baukosten von rund zehn Millionen Euro übernehmen das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Mainz jeweils fünf Millionen Euro. Der Grundstein soll am 9. November dieses Jahres gelegt werden, dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht.
»Wir sind sehr froh über diese Entscheidung, denn die Platznot ist in den vergangenen Jahren sehr groß geworden«, sagt Stella Schindler-Siegreich, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mainz. »Einer Gemeinde wie Mainz war dieser Zustand nicht würdig.« Mehr als 1.000 Mitglieder zählt die Gemeinde in der Forsterstraße. Schindler-Siegreich freut sich, dass sich die Gemeinde künftig auch nach außen hin besser präsentieren könne.
Der Synagogenbau in Mainz hat eine lange Vorgeschichte, die von Hoffnungen wie Enttäuschungen gekennzeichnet war. Die im September 1912 eingeweihte prächtige Hauptsynagoge wurde von den Nationalsozialisten im November 1938 geschändet, angezündet und gesprengt.
Nach dem Krieg waren nur wenige Juden in Mainz zurückgeblieben. Mutig gründeten sie bereits im November 1945 eine eigene Gemeinde und weihten zwei Jahre später in einer Schule eine kleine Synagoge ein. Bereits am 18. Juni 1962, zur 2000-Jahrfeier der Stadt Mainz, legte die Gemeinde den Grundstein für eine neue Synagoge. Damals versprachen Vertreter von Stadt und Land ihre Unterstützung für den Bau. Aber noch überwog das Misstrauen in eine jüdische Zukunft in Deutschland: Die wenigen verbliebenen Juden saßen auf gepackten Koffern, und der junge Staat Israel warb um sie.
Erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wuchs die jüdische Gemeinde in Mainz an – von 150 auf mehr als 1.000 Mitglieder. Im September 1995 gewann die Idee für ein neues jüdisches Gemeindezentrum wieder an Aktualität. Aus dieser Zeit stammt auch der architektonische Entwurf für die Synagoge, ein in fünf Teile aufgesplitteter Gebäudekomplex, geplant von dem Kölner Architekten Manuel Herz. Das Modell steht seit zwölf Jahren im Büro der jüdischen Gemeinde. Doch nichts ist passiert.
Das hat verschiedene Gründe. Vor allem mangelte es an Geld. Lange Zeit bestand die Hoffnung, dass der Bund sich – neben Land und Stadt – zu einem Drittel an den Kosten beteiligen werde. Doch der zog seinen Beitrag zurück. Auch die Verhandlungen über das Grundstück zogen sich in die Länge. Immerhin beteiligt sich der Bund nun an den Abrisskosten des Verwaltungsgebäudes, das auf dem geplanten Bauplatz steht und will der Gemeinde beim Grundstückspreis entgegenkommen.
Anfang 2007 beschloss der Stadtrat mit großer Mehrheit den Bebauungsplan. Über den Beschluss, sich die Kosten mit dem Land zu teilen, freut sich auch der Oberbürgermeister Jens Beutel: »Wenn die Synagoge steht, wird die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Stadt Mainz in ihrer Silhouette geheilt sein«, sagt er nach der entscheidenden Stadtratssitzung.
Für die Ausstattung und die Unterhaltungskosten ist die Gemeinde selbst zuständig. Vorsitzende Schindler-Siegreich ist zuversichtlich, dass ihre Gemeinde die Kosten stemmen kann. Erste Berechnungen sind aufgestellt, dennoch werden auf die Gemeinde erhebliche Belastungen zukommen.