von Sabine Brandes
Die Strecke vom Flughafen zum Hotel wird George W. Bush selbst hinter dem Steuer sitzen. Die Serpentinen durch die Jerusalemer Berge will sich der passionierte Autofahrer nicht nehmen lassen. Ob der israelische Premier Ehud Olmert auf dem Beifah- rersitz Platz nehmen wird, ist offen. Klar ist, dass Bush eine außergewöhnliche Sicht auf die pittoreske Landschaft haben wird. Kein anderer Pkw, kein Lkw trüben seinen Blick: Die Autobahn Nummer 1 wird am 9. Januar auf ganzer Länge gesperrt.
Die Vorbereitungen für die Israelvisite des US-Präsidenten laufen seit Wochen auf Hochtouren. Hinter der sandsteinfarbenen Fassade des berühmten King David Hotels huschen die jungen Menschen geschäftig hin und her, beladen mit dicken Filofax-Kalendern, Laptops und Stapeln von Papier. In der eleganten Lobby ist Englisch mit amerikanischem Akzent die meistgesprochene Sprache. An den Türen der Konferenzräume kleben Schilder »Authorized personnel only«. Hier planen die Helfer des Präsidenten jeden einzelnen Moment seines Besuches.
»Einige sind schon eine ganze Weile hier, um alles vorzubereiten«, bestätigt Eyal Ayalon, Concierge im renommiertesten Haus Jerusalems, mit professioneller Freundlichkeit. Und es werden noch viele mehr kommen. Denn George W. Bush reist nicht allein. Zu seiner Entourage gehören 3.200 Frauen und Männer. Mehr als 1.000 Hotelräume überall in der Stadt seien gebucht, weiß Ayalon. »Bei uns wird es keinen einzigen ›gewöhnlichen‹ Gast geben, alles ist für den Staatsbesuch reserviert.« Damit nicht genug. Die King-David-Straße vor dem Fünf-Sterne-Haus wird komplett gesperrt, Anwohner und Hotelbedienstete dürfen nur mit Sondergenehmigung passieren, für alle anderen ist die Gegend tabu. »Die Stadt wird zu einer Hochsicherheitszone mit Tausenden von Polizisten und Soldaten aus dem ganzen Land«, berichtet der Concierge, »alles wird ständig vom Boden und der Luft aus überwacht.«
Es ist Bushs erster Besuch als amerikanischer Präsident. Zwar bereiste er den jüdischen Staat schon 1998, doch damals noch als Gouverneur von Texas. Rachel Friedman, amerikanische Austauschstudentin, findet, dass er reichlich spät kommt. »Er hätte kurz nach Amtsantritt hier sein müssen, um Solidarität mit Israel zu zeigen. Ich weiß nicht recht, was das jetzt noch soll.« Yitzhak Cohen glaubt zu wissen, was der Präsident will. »Er hat vor, als Friedensbringer abzutreten, wie sein Vorgänger. Aber ich bezweifle, dass er das schafft. Das hat noch niemand.« Der Taxifahrer hat sich beide Nationalflaggen auf die Seitenscheiben geklebt und hofft, bald ein Stückchen Weltpolitik in seinem Mercedes chauffieren zu dürfen.
Für die Dwek-Brüder liegen die USA mitten in Jerusalem. So steht es auf ihrer heißesten Ware, bedruckten T-Shirts. JerUSAlem ist in dicken Lettern zu lesen, darunter prangen die Fahnen. Die Regale ihrer Läden in der Ben-Yehuda-Fußgängerzone sind aufgestockt. »Amerikaner mögen die Shirts mit den Drucken, hoffentlich schauen viele bei uns vorbei. Wir sagen: ›Welcome‹ zu Bush und seinen Leuten.«
Auch im Hotel soll sich Bush wie zu Hause fühlen. Er kann sogar über seinen eigenen Namen spazieren. Oder den seines Vaters. Beide gehören zu den Gästebucheinträgen der VIPs seit Hotelgründung 1932. Zur 75-Jahr-Feier sind die Un- terschriften quer über den Lobbyboden gedruckt worden, darunter solch illustre wie Haile Selassie, Marc Chagall, Axel Springer oder Anwar Sadat. Zwei Schritte weiter trifft Bush dann wieder auf Amerika. Es trägt den Namen Hillary Clinton.