von Wladimir Struminski
Israel steht unter Beschuß. Nach dem Einmarsch in Gasa werfen internationale Politik und Medien dem jüdischen Staat überzogene Härte im Kampf gegen den palästi- nensischen Terrorismus vor. Wieder einmal. Den Entscheidungsträgern in Jerusalem schärft man ein, »Mäßigung zu zeigen«, eine »unnötige Eskalation zu verhindern« und »den Verhandlungsweg einzuschlagen«. Wieder einmal. Doch die Darstellung Israels als ein Land, das allein durch die Intervention der Außenwelt von ungezügelter Gewalt gegen die Palästinenser abgehalten werden kann, zeugt von Ignoranz.
Die Kritiker übersehen geflissentlich, daß Terrorabwehr und die Anwendung militärischer Gewalt sowohl von der israelischen Gesellschaft als auch von staatlichen Institutionen – ohne Druck von außen – sehr sorgfältig unter die Lupe genommen werden. Israel kommt dabei jedoch zu anderen Ergebnissen. Aus gutem Grund: Die internationale Gemeinschaft hat mehr das Schicksal der Palästinenser im Blick. Israel aber ist wie jeder Staat dazu verpflichtet, das Leben seiner Bürger zu schützen.
Dennoch führen palästinensische Opfer der Militäraktionen zu bohrenden Fragen der israelischen Öffentlichkeit an die Staats- und Armeeführung. Denn das Verwunden oder gar Töten von Unbeteiligten heizt die Stimmung unter den Palästinensern nur noch weiter auf, und es entsteht ein Nährboden, auf dem der Terrorismus umso besser gedeiht. Das liegt nicht in Israels Interesse.
Der israelische Sicherheitsapparat – von der Armee über den Geheimdienst bis hin zum Verteidigungsministerium – wird vom Obersten Gerichtshof überwacht. In keinem Staat der Welt spielt die Justiz eine größere Rolle bei der Kontrolle des Militärs. Zudem kann in Israel jedermann den Obersten Gerichtshof einschalten, wenn er eine Entscheidung der Staatsorgane für unrechtmäßig hält, auch die palästinensischen Bewohner von Westjordanland und Gasa. Die Richter haben der Regierung oft einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Beispiel ist die Anweisung, die von der Regierung geplante Strecke des Grenzzauns zwischen Israel und dem Westjordanland zum Schutz der Rechte palästinensischer Anrainer an zahl-reichen Stellen zu ändern. Dann gibt es noch den Rechtsberater der Regierung. Der begleitet die Terrorabwehr aus juristischem Blickwinkel und sorgt, wenn nötig, für Korrekturen. Bei der Verhaftung der politischen Führungsriege der Hamas vergangene Woche untersagte er zum Beispiel die vom Geheimdienst geforderte Sicherungshaft. Nun muß Israel die Festgenommenen in einem ordentlichen Verfahren anklagen oder sie freilassen.
Eines stimmt allerdings: Das vom Chor der internationalen Kritik geforderte Maß an Schicksalsergebenheit gegenüber dem Terrorismus bringt Israel nicht auf. Regierung und Justiz halten nichts von der Kritik, gezielte Liquidierungen von Terrorplanern seien grundsätzlich illegal. Aus israe- lischer Sicht handelt es sich um eine zulässige Form der Prävention. Auch die vom Internationalen Gerichtshof vertretene These, die zum Teil jenseits der alten Grenze zum Westjordanland gebaute Grenzanlage verstoße gegen das Völkerrecht, macht Israel sich nicht zu eigen. Aus gutem Grund. Der jüdische Staat hat nicht nur das Recht auf Selbstverteidigung, sondern auch die Pflicht, seine Bürger zu schützen. Keine israelische Regierung darf tatenlos zusehen, wie Busse und Restaurants in die Luft gejagt, Israelis entführt und israelische Wohnungen von Raketenschützen ins Visier genommen werden. Dabei muß Israel gegen Organisationen antreten, die sich seiner Vernichtung verschrieben haben. Selbst Amnesty International, bekanntlich kein Fürsprecher Israels, nennt die Angriffe mit menschlichen Bomben ein Kriegsverbrechen und hat die palästinensischen Terrorgruppen mehrfach aufgefordert, Angriffe auf Zivilisten sofort und bedingungslos einzustellen. Wer jemals in Sderot war und dort das Raketenfeuer miterlebt hat, weiß, daß das Völkerrecht für Hamas und Islamischen Dschihad eine unbekannte Größe ist. Nach internationalem Recht ist es auch nicht erlaubt, militärische Stellungen in Wohngebieten zu verbergen und so Zivilisten als lebendige Schutzschilde zu mißbrauchen – genau das tun palästinensische Terrorgruppen.
Gewiß, Israel macht im Antiterrorkampf Fehler. Aber wer macht keine? Also verhandeln statt kämpfen? Mit der Hamas, die Israel vernichten will? Darüber, den jüdischen Staat nach Bayern zu verlegen? Die Staatengemeinschaft sollte einsehen: Terroristen und ihre Anführer lassen sich weder durch gutes Zureden noch durch Beschwichtigung stoppen. Militärische Gewalt ist für Jerusalem deshalb oft das einzige Mittel, Schaden von Staat und Menschen abzuwenden. Israels Kritikern kann man nur eines wünschen: Sie mögen nie in eine solche Situation kommen.