von Miryam Gümbel
Seit Jahrzehnten wirkt er im Hintergrund, sorgt mit dafür, dass alles in der IKG möglichst reibungslos abläuft und drängt sich nie in die Öffentlichkeit. So wollte Chil Rackowski auch seinen 60. Geburtstag nicht groß feiern. Doch da hatte der Geschäftsführer die Rechnung ohne seine Präsidentin gemacht. Nach der Sommerpause glückte ihr die sorgfältig geplante Überraschungparty.
Für den Jubilar schien die erste Vorstandssitzung im Herbst eine ganz gewöhnliche. Dass ihn Vizepräsident Marian Offman in ein längeres Gespräch in seinem Büro verwickelte, war ihm nicht weiter verdächtig. In dieser Zeit wurde im Sitzungszimmer alles vorbereitet, die Tische zum festlichen Abendessen eingedeckt und die Gäste eingeschleust – vor allem: Rackowskis Ehefrau Sarah sowie Tochter Ilana mit Mann Philipp und Enkeltochter Noa sollten unbemerkt in das Sitzungszimmer kommen.
Die Überraschung war geglückt, Chil Rackowski mit einem herzlichen »Happy Birthday« empfangen. Bei aller Zurückhaltung war ihm die Freude anzumerken –und der Stolz, dass alle Anwesenden seine Enkeltochter bewunderten. Sohn Daniel war zu diesem Zeitpunkt noch in Brüssel, wo er in einem Forschungsinstitut im Bereich der transatlantischen Beziehungen zwischen den USA und der EU arbeitet.
Charlotte Knobloch widmete die Tischrede dem Geburtstagskind. Schließlich schätzt sie an ihrem Geschäftsführer seit langem seine Loyalität, seine hohe Bildung und seine Intelligenz. Wenn sie unter Stress stehe, wirke er immer beruhigend auf sie ein – »ein Fels in der Brandung«, wie sie es in ihrer Laudatio formulierte. In diese stieg sie locker und humorvoll ein: »Die einen nennen ihn ›Racki‹, die anderen ›das längste Provisorium der Welt‹.
Rackowski hat sein halbes Leben der Münchner IKG gewidmet. Geboren am 23. Juli 1947 in Straubing, wuchs der Sohn Holocaustüberlebender aus Polen in München auf und studierte hier Politikwissenschaft und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität. 1977 bat ihn der damalige Gemeindepräsident Hans Lamm sel. A., doch wenigstens für ein Jahr »provisorisch« die Geschäfte der Kultusgemeinde zu führen. Und dieses Provisorium dauert an. Inzwischen 30 Jahre, »in denen wir ihn als überaus kompetenten und intelligenten Manager kennen- und schätzen gelernt haben«, wie Charlotte Knobloch betonte. Und aus diesem Grund, so wandte sich die Präsidentin an den Jubilar, »lassen wir es uns nicht nehmen, Ihnen heute von Herzen zu Ihrem Doppeljubiläum zu gratulieren. Wir wollen die Gelegenheit nutzen und Ihnen für Ihr langjähriges Engagement im Dienste der Gemeinde sehr herzlich danken. Sie wirken stets im Hintergrund, aber die Ergebnisse Ihrer Arbeit lassen sich sehen: Zuverlässig und sorgfältig kontrollieren Sie den Finanzhaushalt der IKG und schaffen so die Voraussetzungen für den täglichen Betrieb. Sie sorgen dafür, dass die Gemeinde die ihr zustehenden Zuschüsse erhält und leisten damit einen ganz entscheidenden Beitrag zur Funktionstüchtigkeit unserer Institution.« Die Bezeichnung ›Racki‹ ist schon fast ein Kosename und meint weniger den Manager als den charmanten und auch fürsorglichen Chef, der, sofern es sein Arbeitspensum erlaubt, sich durchaus auch einmal die Zeit für einen Kaffee mit seinen Mitarbeitern in der Verwaltung nimmt. Charlotte Knobloch brachte auch diese Seite ihres Geschäftsführers charmant auf den Punkt: »Insbesondere der ›Harem‹ im vierten Stock freut sich, wenn Sie, gewissermaßen als Hahn im Korb, morgens im Büro erscheinen. Dabei liegt das zweifelsohne nicht nur an Ihrer stattlichen Erscheinung: Sie haben für die Probleme und Sorgen unserer Mitarbeiter stets ein offenes Ohr, sind immer gesprächsbereit.« Charlotte Knobloch dankte ihrem Geschäftsführer: »ich hätte mir keinen besseren wünschen können« für die stets kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit und schloss ihre Rede mit dem Wunsch, »dass aus dem ›längsten Provisorium der Welt‹ ein unendliches wird.« Für den so Gelobten bedeutet seine Arbeit eine, wie er sagt »ethische Verpflichtung gegenüber seiner Heimatgemeinde«. Hier, wo er aufgewachsen ist, war er im Jugendzentrum, in der ZJD und im Studentenverband aktiv.
Dass er eine sehr glückliche Jugend hatte, verdanke er nicht nur seinen Eltern, sondern auch der Tatsache, dass er im »Maon Hanoar«, wie das legendäre Jugendzentrum in der Möhlstraße in den 60er-Jahren hieß, ein zweites Zuhause gefunden hatte. Sein Wunsch: Dass auch die Jugend von heute sich im neuen Gemeindezentrum ebenso wohlfühlen möge. Die Grundlagen dafür möchte er noch lange gemeinsam mit Präsidentin Charlotte Knobloch und dem IKG- Vorstand konstruktiv und nachhaltig, sowohl wirtschaftlich als auch politisch, absichern.