von Thomas Nagel
Das Ehepaar Jakob und Lore Salzträger »setzt über seinen Tod hinaus ein Zeichen«. Mehr als 60 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur wurde jetzt in Fürth eine jüdische Stiftung unter ihrem Namen gegründet. Das sei nicht nur in der »Stadt der Toleranz« bemerkenswert, wo trotz großer jüdischer Stiftungstradition Juden während der Naziherrschaft zwischen 1933 und 1945 genauso rigide verfolgt und deportiert wurden wie überall in Deutschland. »Nach meiner Kenntnis dürfte das generell die erste größere jüdische Stiftung nach der Nazi-Herrschaft für eine deutsche Stadt sein«, sagte der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung bei der Vorstellung der Jakob-und-Lore-Salzträger-Stiftung. Er sei dankbar, fügte Jung hinzu. Für eine deutsche Stadt könne es kaum größere Anerkennung geben als dass »eine jüdische Stiftung ihr wieder Geld anvertraut«.
Auch Gisela Naomi Blume findet die Stiftung »großartig«. »Sie ist ein Zeichen des Vertrauens in Nachkriegsdeutschland und speziell in die Stadt Fürth und ihre Unterstützung für die jüdischen Bürger«, kommentierte die ihrer Heimatstadt eng verbundene Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth diesen weiteren Schritt bei der vorsichtigen Wiederannäherung an die Blütezeit des Miteinanders von Juden und Christen in der kleinsten deutschen Großstadt.
Die Lore-und-Jakob-Salzträger-Stiftung speist sich aus dem Immobiliennachlass der 2006 verstorbenen Eleonore Salzträger und ihres vor neun Jahren verstorbenen Mannes. Die Eheleute haben in ihrem Testament verfügt, dass die Mieteinnahmen von zwei Häusern in Stadeln und zwei Eigentumswohnungen im Fürther Westen an die Stadt Fürth gehen sollen. Trotz Sanierungsbedarf erwartet Oberbürgermeister Jung schon jetzt einen Erlös von 10.000 Euro jährlich. In Zukunft werde die Summe voraussichtlich auf bis zu 25.000 Euro im Jahr steigen.
Eine Bindung an einen bestimmten Verwendungszweck gibt es nicht. Zunächst soll das Fürther Bündnis für Familie von der Großzügigkeit des Ehepaars profitieren.
Die Salzträgers haben sich immer sehr für Fürth eingesetzt. Der 1912 in Lodz geborene Jakob Salzträger kam Ende des Zweiten Weltkriegs nach Fürth und gründete dort ein Textilgeschäft. Er war 40 Jahre Gemeindediener und Vorstand der jüdischen Gemeinde in Fürth. 1993 wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Obwohl seine Eltern, seine erste Frau und seine Kinder in Auschwitz ermordet worden waren, engagierte er sich für die Verständigung zwischen Juden und Christen. Dabei war er vor allem an der Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen interessiert. Unter anderem erklärte er Fürther Schulkindern, wie Matzen gebacken werden.
Die Stadt Fürth war bis zur Nazizeit eines der führenden jüdischen Zentren in Deutschland. Vor der Schoa lebten dort rund 2.000 Juden. Etwa die Hälfte von ihnen starb in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten. Nur wenige jüdische Familien kehrten nach Fürth zurück. Inzwischen hat die jüdische Gemeinde wieder 500 Mitglieder.