von Ayala Goldmann
Scharfe Wortwechsel, Schuldzuweisungen und Beschimpfungen: Keine guten Vorzeichen für das EU-Filmförderprojekt Greenhouse, das vergangene Woche während der Berlinale vorgestellt wurde. »Ein Projekt der Normalisierung zu Zeiten der Besatzung« lehne sie ab, erklärte die palästinensische Filmemacherin Najwa Najjar während der Pressekonferenz mit demonstrativer Empörung. Najjar ist Mitunterzeichnerin eines Briefs an die EU vom Januar, in dem 40 palästinensische Filme- macher und Schauspieler, darunter Hany Abu Assad (Paradise Now) und Nizar Hassan (Der Olivenhain) gegen die in Tel Aviv angesiedelte Institution protestieren.
Das Euromed Audivisual II Projekt, das Greenhouse finanziert, vereinigt Dokumentarfilm-Institutionen aus fünf Ländern: die New Foundation for Cinema and Television in Israel, das Ramallah Film Institute, die Vereinigung der Dokumentarfilmer in der Türkei, das tschechische Institut für den Dokumentarfilm und Parallel 40 aus Spanien. In den kommenden drei Jahren sollen in drei Workshops junge Dokumentarfilmer aus dem Mittelmeerraum geschult und gefördert werden. Insgesamt 1,9 Millionen Euro, darunter 1,5 Millionen aus EU-Mitteln, stehen dafür bereit. Zu den internationalen Unterstützern gehören so renommierte Filmemacher wie der Armenier Atom Egoyan und die Belgierin Chantal Akerman.
Nur die Palästinenser wollen nicht mitmachen. Insbesondere lehnen sie jede Zusammenarbeit mit dem Filminstitut in Ramallah ab, das von Adam Zuabi geleitet wird, einem Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit. Zuabis Institut, beklagen die palästinensischen Filmemacher, sei als Organisation in Israel registriert, in Wahrheit also eine israelische Einrichtung. Zuabi lasse »die Gemeinschaft vor Ort und viele palästinensische Kultureinrichtungen« außen vor. Außerdem habe er nie einen Finanzbericht vorgelegt und den Rücktritt aller Mitglieder seines Direktoriums provoziert.
»Sie sollten sich lieber auf ihre Arbeit konzentrieren«, konterte der Kritisierte bei der Pressekonferenz und warf den Palästinensern die Verwendung »leerer Parolen« die »das größte Hindernis für den Fortschritt in Palästina« seien. Ähnlich David Fisher, Leiter der New Foundation for Cinema and Television in Israel. »Auch wir wollen die Besatzung beenden«, sagte er. Aber die politische Lage dürfe keine Ausrede dafür sein, »nichts zu tun«. Die Unterzeichner der Petition unternähmen keine wirkliche Anstrengung, ihre Probleme mit dem EU-Projekt zu regeln, sondern seien nur an einer Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit interessiert. Die Verfasser der palästinensischen Petition, der sich inzwischen auch eine Reihe israelischer Filmemacher und Künstler angeschlossen haben, wiederum beklagten, ihr Brief sei von der EU nicht beantwortet worden – nicht einmal der Eingang des Schreibens sei ihnen bestätigt worden.
Viel Propaganda und verletzte Gefühle also. Ein Einwand der Palästinenser allerdings hat seine Berechtigung: Filmemacher aus arabischen Ländern dürfte es tatsächlich schwerfallen, bei einem Projekt mitzumachen, das in Tel Aviv beheimatet ist. Das ist auch der Kern der Auseinandersetzung: Es geht weniger um Adam Zuabi als um die Normalisierung der Beziehungen der Araber zu Israel.
Pech für die anwesenden Dokumentarfilmer aus der Türkei und Tschechien: Während der Pressekonferenz interessierte sich niemand für ihre Arbeit. Zu beschäftigt waren Israelis und Palästinenser damit, sich zu fetzen. Das laut Ankündigung »noch nie da gewesene Euromediterrane Projekt mit dem Ziel, Dokumentarfilme aus dem Mittelmeerraum für die große Leinwand« zu fördern und zu vermarkten, scheint einen schweren Weg vor sich zu haben. Auf die Frage, was die palästinensische Seite konkret verlange, antwortete Filmemacherin Najjar: »Das Ende der Besatzung und eine friedliche Lösung mit einem eigenen Staat.« Den Einwand der Israelis, Filmemacher könnten nur ihre eigenen Probleme, nicht aber den Nahost-Konflikt lösen, prallte an dieser Argumentation ab.