von Katrin Richter
Einige Dinge passieren nur einmal im Leben: der erste Kuss, die erste Party ohne Eltern oder die erste Autofahrt nach der Fahrprüfung. Und all das geschieht meistens in den Jahren zwischen 13 und 19, in denen Eltern sich fragen, was mit ihren Kindern los ist. Eigentlich gar nichts – sie sind nur Teenager. Allerdings sind die besagten Jahre gar nicht so kompliziert, denn alles, was Teenager wollen, ist Spaß haben. Und das wollen sie auch in ihrem Jugendzentrum.
Daniel ist 17 Jahre alt und schon immer im Jugendzentrum gewesen. Der Betreuer im Jachad-Zentrum Köln kann sich keinen Tag ohne seine Freunde und die verschiedenen Aktivitäten dort vorstellen. Und so ein Nachmittag im Jugendtreff ist alles andere als nur rumhängen. Straffe Planung beschreibt ihn schon eher: »Ein normaler Jugendzentrumstag beginnt um 14 Uhr und sieht so aus, dass erst mal eineinhalb Stunden Arbeitsgemeinschaften, sogenannte Chugim, stattfinden. Danach ist von 15.30 bis 16.15 Uhr Mittagessen und anschließend stehen bis 17.45 Uhr Aktivitäten – Peulot – an«, sagt Daniel. Für den Abiturienten ist das aber kein Stress, denn als Madrich kann er auch an der Gestaltung des Programms mitwirken und das wechselt oft. »Wir bieten Film-, Zeichen- oder Spielkurse an. Und manchmal auch einige Überraschungen.« Daniel ist aber nicht nur wegen der Nachmittagsunterhaltung hier, sondern für ihn ist es auch wichtig, dass er hier seinen fast kompletten Freundeskreis hat.
Das ist bei der 16-jährigen Michal aus Berlin anders. Ihr Freundeskreis ist nur zu einem kleinen Teil jüdisch und geht eher weniger ins Jugendzentrum. Sie kennt zwar die Angebote, aber die findet Michal nicht so spannend. »Im Berliner Zentrum wird nur ein kleiner Teil meiner Interessen abgedeckt. Schön wäre es, wenn es zum Beispiel einen Schlagzeugkurs gäbe.« Aber noch etwas anderes stört die Schülerin: »Ich finde, dass sich das Privatleben der Leute doch sehr auf das Jugendzentrum auswirkt, das gefällt mir nicht. Es gibt zu viele Gerüchte und Lästereien.« Ihr Jugendzentrum sollte einen Nachmittag nach sieben oder acht Stunden Schule kreativer gestalten.
Das findet auch Naomi , die ebenfalls aus Berlin kommt. »Wenn das Programm interaktiver gestaltet wäre, und wir selbst Ideen einbringen könnten, würde ich mehr Spaß im Jugenzentrum haben. Schließlich ist Judentum nicht nur Tradition, es kann viel mehr sein.« Und wenn Naomi nachmittags mal einen Abstecher ins Jugendzentrum macht, dann eher, um Leute zu treffen, die sie sonst nicht so oft sieht. »Vor ein paar Jahren waren die Peulot noch viel interessanter. Heute sind sie zu oft aufs Lernen ausgerichtet«, sagt Naomi. Das sei zwar auch wichtig, aber die Mischung mache es letztendlich.
Um eine gute Mischung ist auch die 17-jährige Inga bemüht. Als Madricha im Düsseldorfer Kadima-Jugenzentrum möchte sie vor allem das Judentum weitervermitteln, denn »nur durch Jugendarbeit kann es in der Jugend weiterleben«. Inga ist engagiert, betrachtet die Situation aber keineswegs unkritisch: »Es wäre schön, wenn es mehr Teilnehmer gäbe, die am Judentum interessiert sind und das Jugendzentrum besuchen, anstatt sich von ihrer Gemeinde abzukapseln und sich vollkommen in ihrem deutschen Freundeskreis zu assimilieren.« Das wünscht sich auch eine Besucherin des Kölner Jugendzentrums, denn »wenn so wenige da sind, ist es oft leer«. Und dann machten auch die schönsten Jugendprogramme keinen Spaß. Auch für sie ist es wichtig, dass sie nachmittags ihre Freunde treffen und sich mit ihnen über alles, was für Teenager wichtig ist, unterhalten kann. Und wenn sie dann noch etwas übers Judentum lernt, dann ist ihr Jugendzentrum schon fast perfekt.
(Mitarbeit: Naomi Vingron)