Der Jom Jeruschalajim 2007 – der 40. Jahrestag der Wiedervereinigung Jerusalems – schien unter keinem guten Stern zu stehen. In Israels Hauptstadt fiel am Mittwoch vergangener Woche ein Teil der Festivitäten dem schlechten Wetter zum Opfer. Auch die Feier im Gemeindehaus an der Fasanenstraße, zu der die Jewish Agency, die Zionistische Organisation Deutschlands und die Jüdische Gemeinde zu Berlin geladen hatten, kämpfte zunächst mit einigen Widrigkeiten. So war die erwartete Video-Grußbotschaft von Jerusalems Bürgermeister Uri Lupolianski nicht in Berlin, sondern in Paris gelandet. Und auch eine geplante Videokonferenz scheiterte zunächst an technischen Schwierigkeiten.
Dennoch hatte die Jubiläumsfeier ihre Glanzlichter. Dafür sorgte unter anderem der israelische Sänger Doron Mazar, der mit seinem Hit »Ani chozer habayta« (»Ich komme heim«) für gute Stimmung im Saal sorgte, wie auch vor ihm bereits die jugendlichen Tänzer von »Zairej Bialik«. Genau der richtige Kontrast zu viel Nachdenklichem an diesem langen Abend. »Wir feiern heute den freien Zugang zu ganz Jerusalem, zur Altstadt, zur Tempelmauer«, hatte Botschaftsrat Joel Lion eingangs betont. »Aber wir wissen auch, dass heute Dutzende Raketen auf Sderot gefallen sind.« Befragt, was ihm ganz persönlich die Heilige Stadt bedeute, meinte Lion: »Das ist mein Zuhause, aber es ist auch ein spezifischer Geruch. Wenn du ihn riechst, in der Altstadt oder auf dem Machane Yehuda, dann weißt du, dass du zu Hause bist.« Architektin Ruth Golani, seit 1966 in Deutschland lebend, bekannte ähnlich freimütig: »Ich liebe diese Stadt, und ich kenne jede Ecke von ihr. Und um ehrlich zu sein, ich kenne sie noch immer besser als Berlin.«
Historische Fakten stellte der Gemeindevorsitzende Gideon Joffe heraus: Die Geschichte habe sehr verschiedene Herrscher und Bewegungen in Jerusalem gesehen, so Joffe, aber nur eine Religion habe die Stadt zu ihrem geistigen Zentrum gemacht. Und ein Staat Israel ohne dieses Zentrum sei einfach nicht vorstellbar.
Gemeinderabbiner Yitshak Ehrenberg sprach von acht Generationen seiner Familie, die in der Heiligen Stadt gelebt und ge-
wirkt haben. Einer gewissen »Jerusalem-Müdigkeit«, die laut Zeitungsumfragen selbst unter Israelis grassieren soll, begegnet der Rabbiner mit demonstrativem Optimismus: »Wir feiern Jerusalem ohnehin dreimal täglich, im Gebet.« Für Dana Bairamov, die mittlerweile das Jugendzent-rum der Berliner Gemeinde leitet und die vor Jahren in Jerusalem studierte, bedeutet die Stadt einfach »eine Quelle der Inspiration für die Arbeit mit jungen Leuten.«
Für viele ist die 3.000 Jahre alte Stadt nach wie vor ein Anziehungspunkt. Einige Neueinwanderer finden hier auch eine neue Heimat. Für diesen Abend holte man einen von ihnen zurück, zumindest für ein paar Minuten, per Videokonferenz: Boris (Baruch) Babajev war vor einem Jahr von Berlin nach Jerusalem gegangen und un-
terhielt sich zu fortgeschrittener Stunde über die Bildleitung freudestrahlend mit den Eltern und dem Publikum. Die Heilige Stadt war plötzlich ganz nah – und die kleinen Probleme vom Anfang des Jerusalem-Tages vergessen. Olaf Glöckner