Frau Berger, Ihnen eilt der Ruf einer sehr guten Köchin voraus. Wie begegnen Sie dem Vorwurf, koschere Küche sei nicht gerade Haute Cuisine?
berger: Das sehe ich nicht so. Die koschere Küche kann sehr gut, sogar exquisit sein. Man muss ja den Rinderbraten nicht unbedingt mit Sahne »verfeinern« , sondern kann stattdessen auf parve Sahne zurückgreifen. Den Unterschied wird man nicht schmecken. Ich bereite ja auch viele Desserts, Kuchen und Torten ohne Sahne oder Butter zu – meine Gäste wundern sich oft, wie man lockere Cremes und sahniges Eis ohne milchige Zutaten hinbekommen kann. Man kann auf der professionellen Ebene problemlos koscher kochen, man denke nur an die koscheren Fünfsternehotels in Israel oder den Profikoch Peter Mehringer im Eden Park Hotel in Bad Kissingen.
Gibt es in Deutschland koschere Kochkurse?
berger: Aus Stuttgart weiß ich, dass zu den jüdischen Kulturwochen die Volkshochschule und das Jahr über auch die Landeszentrale für politische Bildung Kurse angeboten hat. Die sind immer sehr gut besucht und begehrt. Die Kursleiter kontaktieren mich auch regelmäßig dazu oder sie verwenden einfach mein Kochbuch. Während meiner aktiven Zeit – als mein Mann Rabbiner in Stuttgart war – habe ich auch Kochkurse angeboten. Dabei haben wir sogar Pralinen hergestellt. Köstlich. Die Rezepte zu den Wiener Kugeln oder Ingwertrüffeln sind einfach. Die Ergebnisse können sich mit den feinsten Erzeugnissen bekannter Pralinenhersteller messen, behaupte ich mal.
Gibt es typische Fehler, die man beim koscheren Kochen machen kann?
berger: Ja. Kocht oder dünstet man koscheres Fleisch dauert es immer länger als normal. Bei Rinder- oder Kalbsbraten oder auch beim Gulasch muss man einfach mit mehr Zeit rechnen. Beim Schnitzel, Frikadellen oder bei anderen Hackfleischgerichten gibt es kein Problem. Man sollte jedoch etwas weniger Salz verwenden, denn beim Koschermachen des Fleisches wird ja bereits Salz verwendet.
Haben Sie kleine Tipps, wie man am besten würzt?
berger: Ich bin ein Kräuter- und Gewürzfan. Ich verwende am liebsten frische Kräuter, den Pfeffer aus der Mühle oder die Muskatnuss frisch gerieben. Mein Curry mache ich selber.
Haben Sie Lieblingsspeisen?
berger: Wiener Schnitzel. Unbedingt aus Kalbfleisch. Mein Geheimtipp für das perfekte Wiener Schnitzel: vorher schön dünn klopfen, dann erst in Mehl, und danach in verschlagenem Ei und anschließend in Semmel bröseln wenden. Bitte »wenden« nicht, wie einige Dreisterneköche behaupten, festdrücken, das verdirbt die Struktur des Schnitzels. Ich koche auch gern Chinesisch. In der asiatischen Küche verwendet man viel Kokosmilch, die ja parve ist und kombiniert häufig Gemüse mit Fleisch. Koschere Küche existiert in allen Varianten, von französisch bis japanisch und thailändisch. Sie kann sehr extravagant und fantasievoll sein. Jeder, der sagt, koschere Küche sei keine Gourmetküche, dem widerspreche ich.
Das Gespräch führte Heide Sobotka.