von Veronique Brüggemann
Magdalena ist in Israel. Lukas auch. Mark macht wieder Machane. Janne? Na klar, in Israel. Jonas kommt für eine Woche aus Kairo rüber. Regina weiß noch nicht genau. Jonathan ist diesen Sommer mal nicht da. Felicitas betreut Freiwillige, die aus Israel zurückkommen. Claudia macht Praktika, und Sylvia schreibt an ihrer Magisterarbeit.
Es ist Sommer in Heidelberg. In einer Woche endet die Vorlesungszeit. Dann werden nur noch die Bauarbeiter jeden Morgen zur Hochschule für Jüdische Studien in die Landfriedstraße kommen.
Noch stehen zwischen den Seminaren immer ein paar Studenten vorm Eingang in der Sonne. Unbeirrt vom ständigen Lärmen und Stauben der Baustelle lehnen sie entspannt an den sandsteinfarbenen Säulen oder sitzen auf der Treppe und unterhalten sich. »Wenn alles klappt, fahr ich eine Woche nach Polen und eine Woche nach Tel Aviv«, erzählt Magdalena begeistert. »Echt? Wann denn?«, fragt Janne. »Ich bin auch in Tel Aviv! Vielleicht können wir uns da mal treffen?« Die Chancen stehen gut. Schließlich sind »alle immer in Israel«, wie man hier oft hört. Und das nicht ohne Grund. Aber es gibt auch so etwas wie Trends.
Letztes Jahr zum Beispiel waren archäologische Ausgrabungen in, dieses Jahr gibt es etwas Neues: Arabisch in Kairo. »Ein aus Studiengebühren finanzierter Sprachkurs. Das ist das allererste Mal, dass es das gibt«, erklärt Jonas. Zwei Monate wird er in Ägypten sein. Die Rechnung bezahlt das Islamwissenschaftliche Institut. »Zwischendurch wollte ich aber noch eine Woche nach Israel fahren«, verrät er. »Weil die Atmosphäre in Tel Aviv einfach ideal zum Entspannen ist.« Jonas studiert die beliebte Kom- bination Islamwissenschaft und Jüdische Studien. Genauso wie Janne, die zwar den Kurs dieses Jahr nicht macht, aber in Kairo eine Freundin besuchen will. »Alle Islamwissenschaftler sind ja diesen Sommer da«, sagt sie. »Und wenn man schon in Israel ist, kann man ja auch nach Kairo fahren.«
Das hat sich auch Lukas gedacht, der in Jerusalem sein wird, um die »Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft« bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Er schaut kurz rüber zu Jonas und sagt augenzwinkernd: »Und dann werde ich über den Sinai meine erste Ägyptenreise antreten und in Kairo Freunde von der Uni besuchen.«
Wer kann, trifft sich diesen Sommer also im Nahen Osten. Oder fliegt gleich zusammen hin. Zum Beispiel als Betreuer in einem der ZWST-Sommerlager. »Ich organisiere und manage alles zusammen mit Assaf«, beschreibt Mark seine Aufgabe als Co-Rosch beim Ulpan in Hodajot. Man sieht die beiden ab und zu auf dem Flur über Logos und Programme sprechen. Mark möchte nichts lieber tun, als den Sommer und seinen Geburtstag als Betreuer in Israel zu verbringen. »Ich freue mich, die 120 Kinder zu meiner Geburtstagsparty einzuladen. Und zwischendurch muss ich mich noch aufs Hebraicum vorbereiten!«, fällt ihm da ein. Richtig, die Uni. Die einzige Antwort, die man noch häufiger hört als Israel ist das ewige Hausarbeit, Hausarbeit, Hausarbeit. So werden die meisten doch noch zwischendurch in die Landfriedstraße müssen um Literatur zu suchen. Und sicher wird auch die ein oder andere Nacht zuhause vorm Computer verbracht.
»Ich werde mit meiner Magisterarbeit anfangen!«, hat sich Sylvia vorgenommen. Eine echte Herausforderung, gerade im Sommer. Deswegen hat sie den Tag schon geplant: vormittags schreiben, nachmittags Pause und abends lesen. Zu streng will sie aber nicht mit sich sein. Freunde besuchen, mal grillen oder einen Kaffee trinken gehen muss drin sein, »sonst hab ich nach zwei Wochen keine Lust mehr.« Und sie fährt nach Polen. »Ich wäre so gern auch nach Israel gefahren, aber das ist dieses Jahr finanziell nicht drin.« Trotz Israel-Sehnsucht freut sie sich endlich die polnische Hauptstadt zu sehen. »Ich war zwar schon von Kindesbeinen an in Polen, aber Warschau hab ich nie gesehen.« Sei es nun in Israel, in Polen oder hier in Deutschland, »einfach nur gar nichts« macht niemand. Claudia kommt mit einem Bücherstapel aus der Bibliothek und muss auch ganz schnell weg. Sie plant gleich zwei Praktika: »bei einer Tageszeitung und beim Hörfunk, denn ich will mich weiter bilden, Erfahrungen sammeln und meine Ferien sinnvoll gestalten«, begründet sie den vollen Sommer-Kalender.
So ganz lässt das Studium also niemanden los. Wichtiger ist aber: Wenn die nächste Woche mit all ihren Klausuren, Zwischen- und Hebraicumsprüfungen vorbei ist, haben die Studenten endlich Zeit all die Freunde und Verwandten zu besuchen, die nicht in Heidelberg wohnen. »Im Semester komme ich kaum dazu, meine Familie zu besuchen«, sagt Mark, »und ich kann es kaum erwarten, eineinhalb Monate zu Hause in Hannover zu sein.« Auch Sylvia rechnet mit ein paar Wochenenden bei Freunden oder zu Hause. »Das lass ich mir auch im Sommer nicht nehmen.« Und Lukas muss nach Kairo noch woanders hin. »Dann fahr ich noch ein Wochenende nach Riga, weil da eine Freundin von mir studiert.«
Die Welt wird ein bisschen kleiner, wenn Semesterferien sind. Und Israel ist sowieso ein Dorf. Janne fährt zum ersten Mal seit acht Jahren wieder nach Israel und will »einfach ein bisschen Luft schnuppern. Ich weiß noch nicht mal wo ich schlafe«, sagt sie gelassen. Aber nach dem bestandenen Hebraicum wird es auch mit der Unterkunft klappen. Irgendwo werden schon ein paar Kommilitonen sein.