Art Buchwald

Hurra, ich lebe noch

von Jonathan Scheiner

Von seinen Ärzten war der 80jährige Art Buchwald schon vor Monaten praktisch totgesagt worden. Aber er lebt noch immer in einem Hospiz in Washington D.C. Dort wollte der schwer nierenkranke US-Starkolumnist auf den Tod warten. Kurz zuvor hatte er wegen seiner Diabetes ein Bein verloren. Sich selber gab Buchwald höchstens noch zwei bis drei Wochen. Doch nichts da. Die Ärzte hatten sich getäuscht. Seither springt Buchwald dem Tod täglich von der Schippe.
Buchwald tut vom Sterbebett aus, was er schon sein Jahrzehnten tut. Er schreibt geistreiche und witzige Kolumnen. Und er genießt die Zuwendung, die ihm von allen Seiten entgegengebracht wird: »Ich wußte nicht, daß Sterben soviel Spaß macht«, sagt er sarkastisch. In der Zeitung Herald Tribune beschreibt er seine momentane Situation geradezu hymnisch: »Ich sitze in einem bezaubernden Wohnzimmer, wo ich alles haben kann, was ich will, und ich kann sogar bei McDonald’s anrufen wegen Milkshakes und Hamburgern. Die meisten Leute, die nicht im Hospiz sitzen, müssen eine strenge Diät halten. Sie können nicht glauben, daß ich alles essen darf.«
Buchwalds Sterben hat noch weitere Vorzüge, sagt er. So gibt es einen beständigen Besucherstrom, und seine Familie ist schwer beeindruckt, wer da so alles vorbeischaut. Der Satiriker jedenfalls ist dankbar über soviel Aufmerksamkeit, auch wenn er sie erst mit 80 Jahren erfährt.
Art Buchwalds Karriere begann 1948 bei der Herald Tribune in Paris. Die suchte einen Society-Kolumnisten. Der frisch entlassene Marineinfanterist Buchwald hatte sich als Quereinsteiger beworben. Auf die Frage, ob er denn überhaupt Erfahrung mit den oberen Zehntausend habe, sagte er seinem künftigen Chef, daß er immerhin Wein-Experte beim Marine-Corps gewesen sei. Später sattelte Buchwald auf Satire um. In Spitzenzeiten schrieb er bis zu drei Kolumnen die Woche, die in rund 700 verschiedenen Blättern erschienen und ihm einen Pulitzer-Preeis eintrugen.
Auch in Buchform sind Buchwald gesammelte Kolumnen erschienen. Eines heißt »Nein, meine Klappe halte ich nicht«. Das, hoffen seine Leser, wird er auch vom Krankenbett aus möglichst lange nicht tun.

Kultur

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