Satire

Holocaust verkauft sich gut

Von Andreas Heimann

Bestseller heißt Klaus Modicks neuer Roman. Es ist das witzigste, aber auch böseste Buch, das er seit langem geschrieben hat und gleichzeitig das beste. Lukas Domcik, ein Anagramm des Autors, ist, wie schon zuvor in Weg war weg, wieder die Hauptfigur. Der mittelmäßig erfolgreiche Schriftsteller hadert mit seinem Beruf und hofft auf ein Millionenerbe. Doch seine jüngst verstorbene, entfernt verwandte Tante Thea hat ihm nur einen alten Koffer vermacht. Darin sind vor allem Aufzeichnungen aus ihrem bewegten Leben, erst als glühende Nazi-Anhängerin, später als fanatische Katholikin. Inspiriert von Tante Theas schwülstigem Backfischgeschreibsel und unter Druck von seinem Verlag, der für seine Kundschaft endlich eine marktkompatible »Doku-Fiction« à la Breloer oder Guido Knopp haben möchte, saugt sich Domcik eine abstruse, angeblich wahre Geschichte aus den Fingern: Thea darf darin in den Kriegswirren eine dramatische Flucht aus Ostpreußen hinlegen und gleich auch noch etliche Juden vor der Gaskammer retten; schließlich ist sie ja auch in des Dichters Phantasie Halbjüdin. Ein Plot, so geschmacklos wie erfolgversprechend.
Damit der Verlag auch definitiv anbeißt, schiebt Domcik zusätzlich die schöne Aushilfskellnerin Rachel als angebliche Autorin vor. Das Angenehme – seine Affäre mit der jungen Engländerin– verbindet er so mit dem Nützlichen: Hübsche fernsehtaugliche Gesichter, weibliche Autoren und jüdische Namen wirken bei Büchern bekanntlich absatzfördernd. Und Holocaust verkauft sich immer gut.
Und so kommt es denn auch. Der Verlag ist hingerissen. Das Buch »Vom Memelstrand zum Themseufer«. wird ein Kracher. Die Literaturkritiker überschlagen sich vor Bgeisterung.
Bestseller ist natürlich reine Fiktion. Im wirklichen Literaturbetrieb der Bundesrepublik geht es bekanntlich anders zu, seriös und nur dem Wahren, Schönen, Guten verpflichtet.

klaus modick: bestseller
Eichborn, Frankfurt/Main 272 S., 19,90 €

Wittenberg

Luthergedenkstätten untersuchen ihre Sammlung auf NS-Raubgut

Zwischen 1933 und 1945 erworbene Objekte werden analysiert

 19.02.2025

Braunau

Streit über belastete Straßennamen im Hitler-Geburtsort

Das österreichische Braunau am Inn tut sich weiter schwer mit seiner Vergangenheit. Mehrere Straßen tragen nach wie vor die Namen bekannter NS-Größen. Das soll sich nun ändern

 13.02.2025

Bund-Länder-Kommission

Antisemitismusbeauftragte fürchten um Finanzierung von Projekten

Weil durch den Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen Jahr kein Haushalt mehr beschlossen wurde, gilt für 2025 zunächst eine vorläufige Haushaltsplanung

 12.02.2025

Österreich

Koalitionsgespräche gescheitert - doch kein Kanzler Kickl?

Der FPÖ-Chef hat Bundespräsident Van der Bellen über das Scheitern der Gespräche informiert

 12.02.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Hetty Berg, Armin Nassehi und Philipp Peyman Engel

 11.02.2025

Sport

Bayern-Torwart Daniel Peretz trainiert wieder

Der Fußballer arbeitet beim FC Bayern nach seiner Verletzung am Comeback

 09.02.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025