Berlin

Hollywoods Wunderkind

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Hollywoods Wunderkind

Die Berlinale ehrt Steven Spielberg für sein Lebenswerk - und zeigt seinen persönlichsten Film

von Silke Sullivan  21.02.2023 08:24 Uhr

Die Karriere von Steven Spielberg beginnt mit einem Zugunglück auf einer Kinoleinwand. Als Kind sieht er die spektakuläre Szene in dem Film »Die Größte Show der Welt«. Als ihm die Bilder als Zwölfjähriger beim Spielen wieder in den Kopf kommen, muss er unbedingt seine Elektro-Loks ineinander fahren lassen. Die Züge gehen kaputt, sein Vater droht, sie wegzunehmen. Spielberg aber will die Szene immer wieder erleben. Also filmt er den Crash mit der Kamera des Vaters. Es war Spielbergs erster Film - und der Anfang einer Leidenschaft, die ihn bis an die Spitze Hollywoods brachte.

Wenn die Berlinale den 76-Jährigen am Dienstagabend (21.2.) mit dem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ehrt, wird es auch um den Jungen mit den Spielzeugzügen gehen. Das Erlebnis hat Spielberg in seinem neuesten Film verarbeitet. »The Fabelmans«, der im März in die deutschen Kinos kommt, soll in Anwesenheit des berühmten Filmemachers auf dem Festival gezeigt werden. Die Geschichte basiert auf seiner Jugend als Sohn jüdischer Eltern im Amerika der 50er- und 60er- Jahre.

Erfolgsgeschichte »The Fabelmans« ist für sieben Oscars nominiert, darunter Spielbergs erste Nominierung für das beste Drehbuch, das er gemeinsam mit Tony Kushner (schon bei Spielbergs »München«, »Lincoln« und »West Side Story« dabei) schrieb. Bei den Golden Globes gewann der Film den Preis für die beste Regie und den Top-Globe als bestes Drama. Bei der Verleihung erklärte Spielberg, er habe sich lange nicht getraut, so eine persönliche Geschichte zu erzählen. Alle würden ihn als Erfolgsgeschichte ansehen, aber niemand wisse, wer er wirklich sei.

»Ich werde bis an mein Lebensende Regie führen. Ich liebe es.«

Steven Spielberg

Spielberg wurde 1946 in Cincinnati (Ohio) geboren. Seine Eltern ziehen mehrfach um, nach New Jersey, Arizona, Kalifornien. In der Schule habe er sich oft als Außenseiter gefühlt, sagte er der BBC. »Ich war nicht beliebt und ich konnte keinen Football werfen.« Doch er drehte kurze Filme, für die er Nachbarskinder und Schulkameraden »engagierte«. »Selbst Kinder, die mich nicht mochten, liebten es, Filme zu machen«, erzählte er der »Times«. »Die Kamera hat mich in der Schule beliebt gemacht. Ohne sie hätte ich keine Chance gehabt.« Mit »Action!« und »Cut!« gewann er Kontrolle. Filmemachen als Empowerment.

Rund 60 Jahre später stehen über 100 Filme und Serien auf Spielbergs Liste, bei denen er Regie führte, sie produzierte, schrieb - oder alles zusammen machte. Die Vielfältigkeit dabei ist beispiellos: Horror, Science-Fiction, Abenteuer, Action, Fantasy, Historiendrama, Animation, Musical - es gibt kaum ein Genre, das er nicht abdeckt.

Autodidakt Spielberg ist Autodidakt, er lernt, in dem er Filme schaut. Seinen ersten Filmpreis gewinnt er als Teenager für einen kurzen Kriegsfilm. In Highschool-Zeiten treibt er sich einen Sommer lang bei den Universal Studios herum, saugt alles auf, was er übers Filmemachen lernen kann. Die Eintrittskarte für Hollywood verschafft ihm der Kurzfilm »Amblin‹« (1968) über zwei trampende Jugendliche in Hippie-Zeiten. Universal bietet Spielberg einen Vertrag, er lässt das College sausen, dreht Episoden fürs Fernsehen, den TV-Film »Duell« und den Kinofilm »Sugarland Express« (1974) mit Goldie Hawn. Zu dem Zeitpunkt gilt er in Hollywood längst als Wunderkind.

Sein Durchbruch folgt 1975 mit »Der Weiße Hai«. Der Horrorfilm wird zum Welterfolg, stellt einen Einnahmerekord auf und läutete die Ära des modernen Blockbusters ein. Dass er mit dem Film das Image von Haien als blutrünstige Bestien manifestierte, bereut Spielberg später »zutiefst«. Sieben Jahre später brachte ihm »E.T. - Der Außerirdische«, der elf Jahre lang als umsatzstärkster Film der Kinogeschichte an der Spitze steht, den nächsten Rekord. Gebrochene wird der erst von Spielbergs Dinosaurier-Spektakel »Jurassic Park«.

»Die Leugnung des Holocaust war wieder auf dem Vormarsch. Das war der einzige Grund, den Film 1993 zu drehen.«

Steven Spielberg in den »Times« über »Schindler’s List«

Spielberg bezeichnet seine frühen Filme auch als »Popcorn-Movies«. Mit »Die Farbe Lila« (1985) habe er begriffen, dass »ein Film auch eine Mission sein kann«. Das Drama über eine Afroamerikanerin in den Südstaaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde für elf Oscars nominiert, ging aber leer aus. Die begehrte Trophäe erhält Spielberg erst acht Jahre später, für den Holocaust-Film »Schindlers Liste« als bester Regisseur und für den besten Film.

Identität Viele hatten ihm den Stoff nicht zugetraut - auch Spielberg selbst fühlte sich lange emotional und handwerklich nicht in der Lage dazu. »Die Leugnung des Holocaust war wieder auf dem Vormarsch. Das war der einzige Grund, den Film 1993 zu drehen«, sagte er kürzlich der »Times«. Der Film sei zudem eine Hommage an seine Eltern sowie an ihre jüdische Identität. Nach den Dreharbeiten gründet Spielberg die Shoah Foundation, die Zeugnisse von Holocaust-Überlebenden auf Video aufnimmt. Mehr als 55.000 Zeitzeugen sind es bisher. Das Archiv wird weltweit von Schulen und anderen Einrichtungen genutzt.

Spielbergs Filmen wird zuweilen vorgehalten, verharmlosend, beschönigend, »spielbergian« zu sein. Selbst für seinen Holocaust-Film habe er sich eine Geschichte mit einem Happy End ausgesucht. Warum er auf das Positive setzt? Hoffnung sei für ihn besser als Verzweiflung, sagte Spielberg der BBC. Wenn es eine Wahl gebe, »um ein besseres Leben zu führen und in einer glücklicheren Welt zu leben, dann werde ich als Filmemacher diese Wahl treffen«.

In seinen Filmen, erklärte er in Interviews, stecke auch immer etwas von ihm selbst. Die Veteranentreffen seines Vaters im elterlichen Wohnzimmer, bei dem er erwachsene Männer schluchzen sah, führten zu seinem tiefgründigen Interesse am Zweiten Weltkrieg. Für den Kriegsfilm »Der Soldat James Ryan« erhielt Spielberg 1998 seinen zweiten Regie-Oscar. Die Trennung seiner Eltern lässt ihn in seinen Filmen Kinder aus zerrütteten Familien zeigen - wie den kleinen Elliott, der einem Außerirdischen hilft, zurück nach Hause zu kommen.

»E.T.« bezeichnete Spielberg oft als den ihm liebsten von all seinen Filmen. Die Dreharbeiten hätten ihn sogar zum ersten Mal darüber nachdenken lassen, Vater zu werden. Spielberg hat sieben Kinder, seit 1991 ist er mit der Schauspielerin Kate Capshaw verheiratet.

Mit »The Fabelmans« hat Spielberg nun seinen persönlichsten Film gedreht. Als Abschluss einer großen Karriere darf man das sicher nicht verstehen. »Ich werde bis an mein Lebensende Regie führen«, sagte er 2016 beim Filmfest in Cannes. »Ich liebe es.«

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