von Constantin Graf Hoensbroech
Leicht und nur der Luftströmung folgend steigen die 70 blauen und weißen Luftballons in den wolkenlosen Himmel empor. Dabei flattert die Fahne mit dem kölnischen Stadtwappen auf einem der mächtigen Türme des mittelalterlichen Stadttores am Kölner Rudolfplatz munter im Wind. »Israelwetter« nennt ein Besucher die Wetterlage an diesem vierten Israel-Tag, zu dem die Synagogen-Gemeinde Köln auf einen der zentralen Plätze in der Domstadt eingeladen hat.
Wie in Köln feierten weitere 69 deutsche Städte die Verbundenheit mit Israel. »Es ist uns als Gemeinde ein großes Anliegen, einmal im Jahr unsere Solidarität mit den Menschen in Israel zu zeigen«, betont das Mitglied im Gemeindevorstand Abraham Lehrer in seiner Begrüßungsansprache und freut sich besonders über den großen Zuspruch. Mehrere Hundert Men- schen genießen das abwechslungsreiche Programm mit jiddischer Musik, israelischen Spezialitäten und Infoständen, die so gar nichts mit dem oftmals so einseitig kolportierten Bild von Israel in den Me- dien zu tun haben.
Zu feiern gibt es gleich mehrere Daten: neben dem 61. Geburtstags Israels vor allem den 100. Geburtstag von Kölns Partnerstadt Tel Aviv und die 30-Jahre-Partnerschaft zwischen der Rheinmetropole und der Weißen Stadt. »Die Städtepartnerschaft lebt wirklich, und dass es sie gibt, grenzt an ein Wunder«, würdigt Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) die Begegnungen zwischen den Städten, »die mittlerweile zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind«.
Wie selbstverständlich das sein kann, erlebt beispielsweise Nils Schumann dieser Tage. Der 13 Jahre alte Gymnasiast aus Köln und seine Eltern haben zwei 14-jährige Jungen aus dem Jugendblasorchester Tel Aviv für einige Tage bei sich aufgenommen. »Wir haben super viel Spaß zusammen«, berichtet der Schüler, der noch am Vorabend gemeinsam mit dem Jugendblasorchester der Rheinischen Musikschule und den jungen Musikern aus Israel auf dem Podium der Kölner Philharmonie musizierte. »Das ist wirklich ein hoffnungsvolles Zeichen, wie die Jungen miteinander umgehen«, ergänzt Nils’ Mutter Helena. Natürlich gehöre zu diesem unbefangenen Umgang auch der Blick und das Wissen auf die Vergangenheit.
Nur 14 Jahre nach dem Ende des Holocaust hatten die Kölner mit Bürgern aus Tel Aviv-Yafo Kontakt aufgenommen, und bereits 1960 war die erste Schülergruppe aus der Domstadt dorthin gereist. Eine Reminiszenz an bessere Zeiten? Schließlich hatten an der Stadtgründung von Tel Aviv im Jahr 1909 die Zionistische Weltorganisation und der Jüdische Nationalfonds erheblichen Anteil – beide Organisationen waren damals in Köln beheimatet. »Tel Aviv ist ein herausgehobener Ort der Freiheit, Toleranz und Lebenslust, und das hat auch eine Menge mit Köln zu tun«, zog Oberbürgermeister Schramma eine Parallele zwischen den Städten.
Das fröhliche Treiben auf dem Kölner Rudolfplatz war aber nicht nur der Städtepartnerschaft geschuldet, sondern zu- gleich und vor allem ein Zeichen der Solidarität mit Israel insgesamt. »Überall, wo ein Jude ist, trägt er ein Stück Israel mit sich, und deshalb können wir auch in Köln feiern«, betont Gemeinderabbiner Jaron Engelmeyer und erinnert daran: »Natürlich blenden wir den Nahost-Konflikt dabei nicht aus.« Als Vorbote der westlichen Welt müssten in der einzigen Demokratie des Nahen Ostens die Kritiker nicht Angst vor der Regierung, sondern eher die Regierung Angst vor den Kritikern haben. So manch israelskeptischer Zuhörer unter den Besuchern mag sich damit angesprochen gefühlt haben.
Denn, dass auch solche Gäste beim Israel-Tag gesichtet wurden, konnte etwa Christian Petzoldt bestätigen. »Wir hatten an unserem Stand viele gute Diskussionen und können so unsere Solidarität mit Israel und seinem politischen System zeigen«, erzählt der 32-Jährige von der Jungen Union Köln. Zusammen mit anderen politischen Jugendorganisationen informiert sie am Stand vom »Ring Politischer Jugend« über das politische System Israels, die Parteien des Landes sowie die Grundzüge des demokratischen Lebens. »Nicht jeder weiß, dass Israel eine ähnliche Demokratie wie die unsere ist«, hat Petzoldt beobachtet.
Von der harten Politik ausruhen können sich die Gäste bei selbst gebackenen Kuchen der zionistischen Frauenorganisation WIZO. Und am Zelt daneben sind erstmals in Deutschland die »Freunde der ILAN Organisation in Deutschland« mit einem eigenen Stand vertreten. Sie bieten Artikel aus den Werkstätten für behinderte Kinder in Israel an.
An der Strandbar gibt es frisch gepressten Orangensaft. Tee und Wasserpfeife sind vor allem bei Jugendlichen im Beduinenzelt begehrt. Überhaupt beteiligen sich vor allem viele junge Menschen an diesem Treiben auf dem Rudolfplatz, etwa das Klesmerensemble der Musikschule Leverkusen oder auch der Stand des Kölner Dreikönigsgymnasiums, an dem über die Schulpartnerschaft mit der Open Democratic School in Tel Aviv als Einladung zum Nachahmen informiert wird.
Mit Moshe Fleischer, Igor Epstein, Shuli Grohman und Simone Wilhelm geben in- ternational bekannte Künstler ihre Visitenkarte ab, ehe mit den Gilgalim aus Tel Aviv bei Vollmond und Sternenzelt der Israel-Tag vor der eindrucksvollen Kulisse des mächtigen Stadttores ausklingt.