von Josef Kleinhenz
Das Rätsel ist gelöst: Das Grab auf dem Friedhof des unterfränkischen Ortes Klein- bardorf gehört Joseph Sachs, dem Vater von Samuel Sachs (vgl. Jüdische Allgemeine vom 8. Januar), dem Mitbegründer der New Yorker Bank Goldman/Sachs, einer der ältesten Investmentbanken der Welt.
Herausgefunden haben dies die beiden Heimatforscherinnnen Elisabeth Böhrer und Cordula Kappner aus Unterfranken. Stückchen für Stückchen setzten sie die Puzzleteile ihrer Forschung zusammen. Cordula Kappner fand heraus, dass Joseph Sachs und Marcus Goldman schon in der alten Heimat befreundet waren und 1848 gemeinsam nach New York auswanderten. Zusammen zogen sie in Philadelphia mit Pferd und Wagen übers Land. Zwei Töchter von Marcus Goldman heirateten Söhne von Joseph Sachs. 1882 wurde Samuel Sachs von seinem Schwiegervater in das Bankunternehmen aufgenommen.
Elisabeth Böhrer war von dem Denkmalpfleger in Kleinbardorf Erwin Hermann auf Joseph Sachs aufmerksam ge- macht worden. Auf der Suche nach be- rühmten Namen auf dem jüdischen Friedhof hatte Hermann den Grabstein von Joseph Sachs entdeckt und wollte wissen, ob der Name mit der Bankengruppe in den USA in Verbindung steht.
Böhrer recherchierte im Staatsarchiv Würzburg. Die Hauptschwierigkeit lag darin, dass »kein passender Geburtseintrag am Grabstein von Joseph Sachs gefunden werden konnte«. Die Grabinschrift verriet lediglich, dass Sachs in Bad Kissingen gestorben war. Also habe sie bei mehr als 20 Ortschaften die jüdischen Standesregister nach Geburts-, Heirats- und Sterbedaten überprüft. In den Kurlisten des Bades stieß sie tatsächlich auf einen »Joseph Sachs, Privatier«, der mit Gemahlin Ende Juli 1868 aus New York zur Kur angereist war.
Nachdem feststand, dass Joseph Sachs im unterfränkischen Rödelmaier bei Bad Neustadt das Licht der Welt erblickt hatte, und der Ort seine Toten traditionell auf dem Friedhof bei Kleinbardorf beisetzte, verdichtete sich die Gewissheit. Bei der Antwort auf die Frage, warum Joseph Sachs jedoch nicht in Bad Kissingen, wo er starb oder in New York, wo er zuletzt lebte, beerdigt wurde, half ein Zufall. Die Frau des Bürgermeisters der Marktgemeinde Trappstadt, Rosemarie Mauer, hatte einen Artikel über Sachs gelesen, meldete sich bei Elisabeth Böhrer und machte sie auf das Buch Goldman Sachs aufmerksam. Per Internet überprüfte Böhrer die Angaben in einer amerikanischen Dokumentation und ließ sich den Geburtstag von Joseph Sachs bestätigen. »Alles passte zusammen«. Nun ist erwiesen: Joseph Sachs ist der Vater des Bankengründers Samuel Sachs und wurde am 4. August 1816 im unterfränkischen Rödelmaier geboren. Vom 19. November 1840 bis 2. September 1841 war er in Würzburg als Schulpräparant und vom August 1844 bis Mai 1846 als Religionslehrer im unterfränkischen Miltenberg tätig. Außerdem war er Kantor in der dortigen Synagoge. Er starb 52-jährig am 14. August 1868 während eines Kuraufenthaltes in Bad Kissingen.