Gewalt

Heiliger Eifer

von Ephraim Yitzchaki

»Pinchas, der Sohn Elazars, des Sohnes Aharons, des Priesters, hat meinen Zorn von den Kindern Israel abgewendet, da er für mich eiferte unter ihnen, daß ich die Kinder Israel nicht aufrieb in meinem Eifer« (4. Buch Moses 25, 11-12). Pinchas gelang es durch sein Eifern die Pest aufzuhalten, die die Kinder Israel schlug. Und das, obgleich der Eifer in der Regel nicht als positiver Charakterzug gilt. Der Ewige belohnte ihn für das, was er getan hatte: »Sieh, ich gewähre ihm meinen Bund: Frieden! Und er sei ihm und seinem Samen nach ihm ein Bund ewigen Priestertums dafür, daß er für seinen Gott geeifert und den Kindern Israel Sühne erwirkt hat.«
Das Problem liegt auf der Hand: Die Tora beginnt mit den Worten: »Pinchas, der Sohn Elazars, des Sohnes Aharons, des Priesters«. Das heißt, daß Pinchas bereits Priester ist. Also werden auch seine Söhne nach ihm Priester. Wie kann er mit einem »Bund ewigen Priestertums« belohnt werden? Das Priesteramt war Aharon und seinen Söhnen im ersten Jahr nach dem Exodus verliehen worden, und der Vorfall mit Pinchas ereignete sich im 40. Jahr des Wüstenzuges.
Raschi hat sich mit diesem Problem befaßt: »Obgleich das Priesteramt den Nachfahren Aharons bereits verliehen worden war, hatten es doch nur Aharon und seine Söhne inne, die mit ihm zugleich berufen wurden, und mit ihnen auch ihre Nachkommen, die nach ihren Vätern geboren werden sollten. Pinchas, der schon früher geboren wurde, war nicht zum Priester bestellt. Daher besaß er diese Stellung bis dahin nicht.«
Ich möchte jedoch eine mögliche Deutung im Einklang mit den Auffassungen derjenigen anbieten, die die Meinung vertreten, Pinchas habe das Priesteramt gemeinsam mit Aaron und dessen Familie erhalten.
Im Rückblick ist es sehr merkwürdig, daß der Stamm Levi unter allen Stämmen ausgewählt wurde, um im Allerheiligsten zu dienen. Der Stamm Levi war schon immer für seine Brutalität bekannt. Levi, der Stammvater, tötete gemeinsam mit seinem Bruder Schimon alle männlichen Einwohner von Schechem – als Vergeltung für die Vergewaltigung ihrer Schwester. Alle Rachsucht ist eine gefährliche Leidenschaft, und Jakob hat sie scharf verurteilt: »Ich werde sie in Jakob verteilen und sie zerstreuen in Israel« (1. Buch Moses 49, 7). Diese Strafe wurde im Falle Schimons vollständig vollstreckt – der Stamm ging im Stamm Juda auf. Der Stamm Levi, der auch verteilt unter den anderen Stämmen wohnte, verlor jedoch seine Identität nicht, sondern bekam sogar das Priestertum und die Ehre des Gottesdienstes zugeteilt. Die Tatsache, daß die Leviten keinen Anteil am Land Israel zugewiesen bekamen und dadurch von anderen finanzielle abhängig waren, war eine Strafe. Die Ehre jedoch, die ihnen zuteil wurde, glich diese Benachteiligung bei weitem aus.
Bei der Sünde mit dem Goldenen Kalb sehen wir den Stamm Levi wieder mit dem Schwert in Händen. An jenem Tag töteten die Leviten fast 3.000 Männer. Und in unserer Paraschah tötet ein Sohn Levis, Pinchas, einen anderen Juden! Wir wissen, daß selbst König David von der Errichtung des Tempels ausgeschlossen wurde mit der Begründung: »Blut in Menge hast du vergossen und große Kriege geführt. Du sollst meinem Namen kein Haus erbauen.« Die Halacha sieht ebenfalls vor: »Ein Priester, der einen anderen getötet hat, und sei es ohne Absicht, darf seine Hände zum Sprechen des priesterlichen Segens nicht erheben, selbst wenn er bereut hat.”
Weshalb also wurde ausgerechnet der Stamm Levi aus allen Stämmen Israels ausgewählt, um mit dem Priesteramt und dem Gottesdienst betraut zu werden, da er doch eine derart gewalttätige Geschichte hinter sich hatte? Eifer ist keine positive Eigenschaft, und Töten ist definitiv verboten. Zwischen zwei Brüdern besteht jedoch ein Unterschied. In der Paraschah Pinchas verdeutlicht die Tora den riesigen Abstand zwischen dem Eifer Schimons und dem Eifer Levis: Der Sünder in unserem Wochenabschnitt steht einem väterlichen Haus des Stammes Schimon vor. Der Eiferer gehört zum Stamm Levi. Schimons Eifer, so wird hier gezeigt, diente seinem eigenen Nutzen – es ist der Eifer eines Einzel- nen, während es in der Tora über Pinchas heißt: »da er für mich eiferte« (25, 11).
Pinchas bewies dem gesamten Volk, daß das Priesteramt, das den Söhnen Aharons verliehen wurde, ihnen mit völligem Recht zugesprochen ist: »Sieh, ich gewähre ihm meinen Bund: Frieden! Und er sei ihm und seinem Samen nach ihm ein Bund ewigen Priestertums.« Dies ist der Grund, aus dem die Söhne Levis ausgewählt wurden: um den Gottesdienst zu verrichten. Denn ihr Eifer ist für den Herrn. Von jenem Tage an sollte sich niemals mehr eine Gruppe wie die Korachs und seiner Anhänger gegen das Anrecht der Söhne Aharons auf das Priesteramt auflehnen. Eifer ist eine negative Eigenschaft, wenn er aber um des Himmels Willen geschieht, läßt er sich positiv nutzen.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Fakultät für Jüdische Studien. www.biu.ac.il
Pinchas, 4. Buch Moses 25,10-30,1

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024