Groß war der Schock im Jahr 2000, als der damalige Schweizer Bundespräsident Kaspar Villiger bei den Festlichkeiten zum Nationalfeiertag am 1. August auf der Rütli-Wiese von einer Handvoll Rechtsextremer niedergebrüllt und verhöhnt wurde. Die helvetischen Ultra-Rechten zeigten dabei auch den sogenannten Kühnen-Gruß und trugen deutlich erkennbar Nazisymbole. Worauf die offizielle Schweiz entsprechend schnell Anstalten machte, hier gegenzusteuern. Die bis dato eher zurückhaltend formulierten Schweizer Gesetze sollten um entsprechende Paragrafen ergänzt werden: Vor allem das öffentliche Zeigen des Hakenkreuzes wollte man unter Strafe stellen.
Im Parlament fand das Vorhaben bald eine Mehrheit, gleichzeitig sollten sich die neuen Gesetzesergänzungen auch anderer Gewaltproblematik, zum Beispiel in Fußballstadien, annehmen. Doch dann übernahm »Volkstribun« Christoph Blocher von der populistischen Volkspartei (SVP) 2003 das Justizministerium und machte kein Hehl daraus, dass er der Vorlage ebenso wenig Sympathien entgegenbrachte wie der seit 1995 geltenden Antirassismus-Strafnorm: Die kritisierte der Justizminister sogar öffentlich – ausgerechnet bei einem Besuch in der Türkei. Das sorgte in Regie- rungskreisen am Bosporus zwar für Jubel, weil die Strafnorm in der Schweiz auch gegen türkische Leugner des Genozids an den Armeniern angewendet worden war. Und auch Schweizer Rechtsextreme hatten das Gefühl, im SVP-Vordenker einen verständnisvollen Magistraten gefunden zu haben. Bei den Befürwortern härterer Gesetze gegen rechts herrschte dagegen Empörung.
Nach der Abwahl Blochers 2007 macht seine Amtsnachfolgerin Eveline Widmer-Schlumpf – die ursprünglich auch SVP-Mitglied war, nun aber der neuen gemäßigt rechten Bürgerlich-Demokratischen Partei Schweiz (BDP) angehört – endlich Dampf: Eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches soll unverzüglich auf den Weg gebracht werden. Dann wäre Schluss mit dem provokativen Zeigen von Hakenkreuzen, SS-Runen, dem Hitler- oder Kühnen-Gruß und anderen rechtsextremen Symbolen. Strafbar werden soll auch die Herstellung solcher Symbole, ebenso wie das Brüllen eindeutiger Naziparolen. Solch eine Ver- schärfung wäre auch für die Polizei wichtig – die könnte dann beispielsweise bei Konzerten von Skin- und Nazi-Bands leichter eingreifen. Für derartige Verstöße soll es allerdings nur Geldbußen und keine Freiheitsstrafen geben. Beschränkt werden soll das Ganze auch strikt auf den öffentlichen Raum. Der privaten Nazi-Geburtstagsfeier am 20. April steht damit weiterhin nichts im Wege.
Die Vorlage muss jedoch noch die Zustimmung der Parteien finden. Nach dem Willen der Regierung soll sie spätestens 2012 wirksam werden. Das wird dann allerdings sicherlich nicht mit Unterstützung der Volkspartei geschehen. Obwohl das Ansehen von Christoph Blocher auch in der eigenen Partei seit seiner Abwahl stark gelitten hat, stehen die Konservativen in dieser Frage stramm hinter dem ehemaligen Justizminister. Peter Bollag
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