Das Haus, das im Moment die Gemüter in Hamburg erregt, steht friedlich hinter einer grünen Hecke in der Rothenbaumchaussee 19 im noblen Hamburger Stadtteil Harvestehude. Nach seinem Standort kurz »Ro19« genannt, gehört es der Ge-
werkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), die es seit Jahren an die Universität Hamburg vermietet. Jüngst sollte der bis 2011 laufende Vertrag verlängert werden, doch die Geschichte des Hauses sorgt für Unruhe.
arisierung Die GEW hatte die Immobilie nach dem Krieg als Rechtsnachfolger des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, der es 1935 für den äußerst geringen Kaufpreis von 40.000 Reichsmark von der jüdischen Familie Hallgarten gekauft hatte, übernommen. Der geringe Preis spricht für arisiertes Eigentum, meint nicht nur Ruben Herzberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg. Auch ein Symposium, das die GEW vor anderthalb Jahren abhielt, kam zu diesem Ergebnis. Podiumsteilnehmer damals: Ruben Herzberg und GEW-Vorsitzender Klaus Bullan.
Die Gewerkschaft hält sich bedeckt. »Wir haben nur Kontakt zu den Mietern, mit denen wir über die Konditionen für eine Verlängerung sprechen«, sagt Bullan. Dabei war die Nutzung des Gebäudes angesichts seiner Geschichte auch in der GEW ausführlich diskutiert worden. Von der derzeitigen Situation wisse man nur aus den Medien, bisher seien intern auch keine weiteren Besprechungen geplant«, sagte Bullan der Jüdischen Allgemeinen.
Herzberg, als Schulleiter selbst ehemaliges Mitglied der GEW, zeigt sich enttäuscht und hofft auf eine ähnliche Lösung wie bei der Talmud-Thora-Schule. Im Falle des Ge-
bäudes am Grindelhof hatte die Hansestadt die einstmals enteignete Immobilie ge-
kauft und der Stiftung »Jüdisches Leben« übertragen, die das Haus zu einem symbolischen Preis an die Gemeinde vermietet.
Herzberg wünscht sich, »dass die GEW zur Vernunft kommt« und sich für eine solche Lösung öffnet. Vonseiten der Stadt wurde diese Möglichkeit bereits angedeutet, man hofft aber auf eine gütliche Lösung zwischen GEW und Gemeinde.
Das Gebäude wäre ein weiterer Baustein des neuen jüdischen Lebens im Grindelviertel. »Für die Nutzung gibt es viele Ideen, ein Museum ist nur eine davon«, so Herzberg. Keinesfalls solle ein »Libeskind für Hamburg in Klein« entstehen, sagte der Vorsitzende in Bezug auf die Planung eines jüdischen Museums. Vielmehr sei eine Nutzung als Ort der Begegnung, beispielsweise ein noch fehlendes koscheres Restaurant eine Möglichkeit.
vorbeugen In erster Linie sei es ihm aber darum gegangen, der stillschweigenden Verlängerung der bestehenden Verhältnisse einen Riegel vorzuschieben. Uni- Präsidentin Monika Auweter-Kurtz, ohnehin momentan in bedrängter Lage, ruderte jedenfalls zurück. Nach einem sehr knapp beschiedenen Antwortbrief an die Gemeinde vom Dezember 2008, in dem zur großen Enttäuschung Herzbergs die Arisierung nicht thematisiert wurde, lässt die Universität nun verlauten, ohne eine Einigung zwischen jüdischer Gemeinde und GEW sei eine weitere Anmietung nicht denkbar. Alexander Luckow von der Hamburger Universität sprach von einer »juristisch und vor allem moralisch untragbaren Situation«. In dem Schreiben hatte man noch auf den dringenden Flächenbedarf der Universität hingewiesen. Moritz Piehler