von Julia Utsch
Joachim Menn ist Lehrer an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen. Momentan hat er wegen der Sommerferien frei. Doch Zeit, um auf der faulen Haut zu liegen bleibt ihm keine. Denn die nächsten Wochen werden anstrengend, aber schön.
Mitte Juli werden Menn und seine Kollegen von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Siegen-Wittgenstein eine Gruppe Israelis aus Emek Hefer begrüßen und zwei Wochen lang betreuen. Seit 1966 besteht zwischen dem Kreis Siegen-Wittgenstein und dem Kreis Emek Hefer eine enge Partnerschaft, und jedes Jahr gibt es einen Besuch. Am 15. Juli werden 18 Frauen und Männer, darunter eine Krankenschwester, ein Lehrer, ein Psychologe, einige Landwirte, ein Polizist und eine Sekretärin, in Berlin landen. Bevor es drei Tage später nach Siegen geht, wird sich die Gruppe in der Hauptstadt umschauen. In diesem Jahr sind die Besucher relativ jung: im Durchschnitt 40 Jahre. Viele kämen zum ersten Mal, sagt Menn, der schon mehrere Besuche der Israelis in Deutschland mitorganisiert hat. Die Gäste wohnen in Gastfamilien. »Viele nehmen zum ersten Mal Menschen aus Emek Hefer auf, auch, weil ihre Kinder beim diesjährigen Jugendaustausch nach Israel mitgefahren sind«, sagt er. Das trifft sich gut, denn so hatte Menn keine Probleme, die Gäste unterzubringen.
Den deutschen Alltag in Gastfamilien zu erleben, das ist ein Grundstein des Austauschs. Denn so können zwischen Israelis und Deutschen neue Freundschaften entstehen. Viele Teilnehmer reisen immer wieder mit und wohnen auch immer wieder bei denselben Familien, berichtet Menn. Die daraus erwachsenden Freundschaften würden auch über den Austausch hinaus gepflegt. So hat sich inzwischen zu der »offiziellen« Partnerschaft eine private Freundschaft ergeben.
Kulturelle Unterschiede spielen eine untergeordnete Rolle, berichtet Menn: Die Menschen aus Emek Hefer seien eher säkular geprägt, »Komplikationen« in der Alltagsgestaltung hielten sich sehr in Grenzen. Die Besichtigung einer Brauerei, die sich Gäste gewünscht hätten, ende in der Braustube, in der reichlich Pils ausgeschenkt werde. Die Frage nach koscherer Ernährung stellt sich kaum, denn die Besucher äßen höchstens »ein bisschen koscher«, kein Schweinefleisch oder am besten ganz vegetarisch. Die Israelis seien auch immer sehr an der Gegenwart interessiert. »Es findet viel Erfahrungsaustausch zu Alltäglichem statt«, sagt Menn. »Wir sind stolz darauf, so etwas anbieten zu können.«