Es klingt nach einem Freispruch erster Klasse. Die Universität Göttingen hat den Sportwissenschaftler Arnd Krüger vom Vorwurf des wissenschaftlichen Fehlverhaltens entlastet und wird keine weiteren Schritte gegen ihn unternehmen. Ende Juni hatte Krüger einen Vortrag zum Münchner Olympia-Attentat von 1972 gehalten. Darin hieß es, die israelischen Sportler seien trotz Terrorwarnung im Olympischen Dorf geblieben und »bewusst in den Tod gegangen, um der Sache Israels als ganzer zu nutzen«. Seine einzige Quelle war die Läuferin Hana Shezifi, die ihm damals gesagt habe, sie selbst sei aus Sicherheitsgründen ausgezogen. Krüger erklärte den angeblichen Opfertod der Sportler mit dem anderen »Menschenbild in Israel« (vgl. JA vom 10. Juli).
Sofort regte sich Protest gegen Krügers Thesen. Der Zentralrat der Juden sprach von Antisemitismus. Und Fachkollegen Krügers kritisierten das Fehlen wissenschaftlicher Standards in dessen Vortrag. Das Präsidium der Universität Göttingen, deren sportwissenschaftliches Institut Krüger leitet, beauftragte die universitäre Ombudskommission mit der Prüfung, ob Krüger gegen die Regeln guter wissenschaft- licher Praxis verstoßen hat.
Nun teilte die Ombuskommission mit, dass sich dieser Verdacht »als haltlos erwiesen hat«. Die Begründung: Wissenschaftliches Fehlverhalten lasse sich nicht aus gefundenen Ergebnissen ableiten. Die Wis- senschaftsfreiheit schütze auch solche Forschungsergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen. Dies decke sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Universitätspräsident Kurt von Figura erklärte daraufhin, die Universität werde keine weiteren Schritte gegen Arnd Krüger unternehmen.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, kritisierte die Universitätsentscheidung. Krüger habe unter dem »Deckmantel der Wissenschaft« antisemitische Thesen aufgestellt. Bei diesen Thesen handele es sich um »grob fahrlässige Falschangaben«, so Knobloch.
Diese Auffassung wird durch ein Interview gestützt, dass der Journalist Zeev Avrahami für einen noch unveröffentlichten Beitrag für das israelische Wissenschaftsmagazin »Globes« mit Hana Shezifi geführt hat, auf deren angeblicher Äußerung Krügers gesamte Argumentation aufbaut. Laut Shezifi habe sich die israelische Olympiamannschaft am Abend vor dem Attentat in München das Musical Anatevka angesehen. Da Shezifi und ihr Mann das Stück schon kannten, hätten sie den Abend bei Freunden verbracht und dort auch übernachtet. Von einer Terrorwarnung habe sie nichts gewusst, so Shezifi, und Arnd Krüger folglich auch nichts dergleichen erzählen können. Ingo Way
Arnd Krüger