von Martin Krauss
Bis zum vergangenen Samstag hatte John Pantsil während der Fußball-Weltmeisterschaft noch nicht so viel zu feiern gehabt. Dabei lag sein 25. Geburtstag erst zwei Tage zurück. Doch am vergangenen Samstag in Köln ging seine Party los. Pantsil, Verteidiger in der ghanaischen Nationalmannschaft, zelebrierte das zweite Tor seines Teams gegen die Nummer zwei der Weltrangliste, Tschechien, auf eine Weise, die beinahe mehr Emotionen freisetzte als der 2:0-Sieg Ghanas.
Pantsil hatte eine Israel-Fahne in seinen Stutzen versteckt. Die zog er nach dem Tor heraus und schwenkte sie vor den laufenden Kameras der Weltöffentlichkeit. Pantsil spielt bei Hapoel Tel Aviv, das die vergangene Saison als Vizemeister abschloß und Israel im Uefa-Cup vertreten wird. Bei Hapoel ist Pantsil einer der Stars, was für einen gelernten Rechtsverteidiger ungewöhnlich ist. Das liegt zum Teil an seinen sportlichen Meriten, die nicht ganz schlecht sind, aber auch nicht so gut, daß er in einer der großen und reichen europäischen Ligen kicken könnte.
Seine Popularität bei den Hapoel-Fans speist sich aber auch zu einem großen Teil aus dem Umstand, daß Pantsil sich über die Jahre großen Respekt erarbeitet hat. 2002 kam Pantsil vom polnischen Erstligisten Widzew Lodz nach Israel zu Maccabi Tel Aviv. Seine Freundin, die mit ihm einreiste, wurde bald aus Israel abgeschoben, denn als ausländische Christin ohne Arbeit war ein Aufenthalt für sie nicht vorgesehen. Erst die Intervention von Pantsils Arbeitgeber Maccabi sorgte dafür, daß die Frau zurückkehren konnte. Eine Affäre, an die israelische Zeitungskommentatoren trotz aller Euphorie über Pantsils Fahnen-Aktion selbstkritisch erinnerten.
Im Juni 2004 war Pantsil selbst in einen unappetitlichen Vorfall verwickelt. Ein ghanaischer Spielerkollege bei Maccabi, Bernard Don Bortey, wurde überführt, Geld und Wertsachen aus der Spielerumkleidekabine gestohlen zu haben. Don Bortey hatte das Geld, es waren umgerechnet knapp 600 Euro und eine wertvolle Uhr, in seinen Fußballschuhen deponiert, die er ausgerechnet in Pantsils Auto packte. Zu allem Überfluß behauptete Don Bortey noch, Pantsil sei an diesem Diebstahl beteiligt gewesen. Es dauerte eine ganze Weile, bis John Pantsil von dem üblen Verdacht befreit war. 2005 wechselte er in- nerhalb der Stadt von Maccabi zu Hapoel.
Nachdem er die unschönen Geschichten durchgestanden hatte und erlebte, daß ihn die israelische Öffentlichkeit fair behandelte, ist Pantsil ein Freund Israels geworden. Einem israelischen Sportjournalisten erklärte er nach dem Spiel seine Flaggenaktion: »Ich liebe die Fans in Israel, sie haben mich immer glücklich gemacht, jetzt wollte ich sie glücklich machen.«
Dafür muß er sich nun beschimpfen lassen. Der Kommentator des ägyptischen Satellitenfernsehens unterbrach seinen Goooooooooooool-Ruf abrupt, als Pantsil die israelische Flagge aus seinem Stutzen hervorgezerrt hatte, und fragte entgeistert: »Was machst du da, Mann?« In arabischen Zeitungen wird das originelle Gerücht gestreut, Pantsil habe als Mossad-Agent die gefährliche Flagge gezogen. Aber viel wichtiger als solche Schmähungen und die Reaktion des Verbandes (siehe »Abseits«) wird für Pantsil die Reaktion der Fans von Hapoel sein. Bei ihnen hat sich der Ghanaer vermutlich unsterblich gemacht.