Gutachten
und Gespräche
Zwei Monate im Amt: Kulturdezernent
Peter Sauerbaum
Manchmal fallen ihm abends beim Lesen einfach die Augen zu. »Obwohl mich die Biographie von Victor Klemperer fasziniert und ich leidenschaftlich gerne lese«, sagt Peter Sauerbaum. Aber seit kurzem hat er zu viel zu tun und kaum noch freie Zeit. Seit knapp zwei Monate ist der Jurist der neue Dezernent für Kultur, Bildung und Wissenschaft in der Jüdischen Gemeinde Berlin. »Es bringt mir Spaß«, faßt der 60jährige seine ersten Erfahrungen im Ehrenamt zusammen.
Mit Kultur ist er groß geworden, sein Vater war Sänger und seine Mutter Tänzerin. In leitenden Positionen war er unter anderem an der Deutschen Oper, am Berliner Ensemble und der Stiftung Jüdisches Museum tätig, seit vier Monaten arbeitet er in der Generaldirektion der Stiftung Oper in Berlin. Aber selbst die Opernbesuche sind seltener geworden.
»Derzeit studiere ich gerade das Gutachten der Humboldt-Uni über die jüdischen Schulen«, sagt er. Wenn es die Evaluation noch nicht geben würde, dann hätte er eine in Auftrag gegeben, denn »unsere Schulen wirtschaften defizitär, da muß sich etwas tun«. Mittlerweile habe er mit beiden Schuldirektorinnen Gespräche geführt. Sein Fazit: »Wir sind sehr gut ausgestattet – auch mit Lehrkräften.« Mit einem Lösungsweg, wie das Defizit verringert werden könnte, will er sich noch zurückhalten. Ebenso habe er sich noch keine Meinung über den Realschulzweig gebildet. Die Mitarbeiter der Evaluation hatten empfohlen, diesen auslaufen zu lassen. Umstrukturierungen werde es wohl in jedem Fall schon in naher Zukunft geben.
An der Heinz-Galinski-Schule soll der Unterricht wieder verbindlich bis 16 Uhr gehen. Die Ansprüche einer Ganztagsschule, die auch vom Berliner Senat vorgegeben werden, müßten erfüllt werden. Derzeit fahren die Busse etwas früher, so daß der Unterricht vor 16 Uhr beendet werde.
»Auch bei der Kita müssen wir unsere Hausaufgaben machen«, sagt Peter Sauerbaum und denkt dabei laut über das fehlende Geld für die geplanten Investitionen nach. Wo demnächst die jüdische Kita ihr Domizil haben soll? »Ich habe noch keine Meinung.« Steckt die Jüdische Gemeinde noch einmal Geld in die aufwendigen Sanierungsarbeiten oder baut sie sie gleich neu? »Ich weiß es nicht.«
Sauerbaum, der auch dem Finanzausschuß angehört, hofft, daß der Erwerbsetat für die Bibliothek im Gemeindehaus erhöht werden kann. Kopfzerbrechen bereite ihm die Auflösung der Zweigstelle an der Oranienburger Straße. »Was soll mit der ganzen Literatur geschehen?«, fragt sich Peter Sauerbaum. Vielleicht komme sie ins Moses Mendelssohn Zentrum. Aber auch eine Lagerung im Keller des Gemeindehauses schließt er nicht aus.
Seine Zwillingstöchter indes ziehen ihn mit seinem neuen ehrenamtlichen Job ganz schön auf, schließlich kennen sie Kita und Grundschule sehr gut, da die 19jährigen beide Einrichtungen besucht haben. »Als ich in die jüdische Kita kam, sah ich viele bekannte Gesichter«, sagt er. Bei einem ersten Besuch in der Heinz-Galinski-Grundschule war auch alles beim Alten. »Ich hatte wieder vollkommen die Orientierung in den Schulgängen verloren und wußte nicht mehr, wo der Ausgang ist.«