Herr Bodenheimer, seit November 2007 ist die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg Mitglied der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Was ändert sich dadurch für die Hochschule?
bodenheimer: Wir erhalten innerhalb der deutschen Universitätslandschaft die Chance der Mitgestaltung. Da entstehen neue Möglichkeiten der Vernetzung und der politischen Durchsetzung von Anliegen. Man kommt mit Ideen in Kontakt, von denen man nichts weiß, wenn man in diesem Klub nicht drin ist. Man muss dann nicht das Rad neu erfinden, das schon lange rollt. Vernetzung, Organisation, politische Mitsprache – das sind die Vorteile.
Welche inhaltlichen Positionen wollen Sie konkret in die Diskussion einbringen?
bodenheimer: Für uns ist es wichtig, als Hochschule, die von einer minoritären Gruppe getragen wird, dem Zentralrat der Juden, eine Perspektive interkultureller Kommunikation einzubringen. Ich möchte, dass wahrgenommen wird, dass Jüdische Studien nicht nur dem jüdischen Leben in Deutschland Impulse geben, sondern dass wir auch einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen haben.
Gibt es Änderungen im Lehrangebot?
bodenheimer: Unsere neuen Bachelor- und Master-Studiengänge sind auf zwei Ziele angelegt: Einmal die Ausbildung von Leuten für die Gemeinden. Es ist unser primäres Anliegen, die Gemeinden zu versorgen und unseren Studenten eine berufliche Perspektive zu geben. Zum anderen wollen wir die Brückenfunktion stärker betonen – wir wollen stärker in die Gesellschaft hineingehen.
Bringt der neue Status, den die Mitgliedschaft in der HRK mit sich bringt, geldwerte Vorteile, etwa was Drittmittelbeschaffung anbelangt?
bodenheimer: Wir haben bisher schon Drittmittel eingeworben, etwa von der DFG, aber die HRK öffnet weitere Türen. Wir sind jetzt in einem Evaluationsverfahren des Wissenschaftsrats, das wäre ohne die Aufnahme in die HRK nicht passiert. Wir streben auch Mitgliedschaften in anderen Forschungsverbünden in Deutschland an. Was sich für uns ändert, ist der Status, das Prestige. Es wirkt sicher auf private Sponsoren, wenn sie sehen, dass wir von den anderen Universitäten als gleichwertiger Partner betrachtet werden.
Heißt das, dass Sie neue renommierte Lehrkräfte anwerben können?
bodenheimer: Nun, wir haben im Moment alle Professuren besetzt. Im vergangenen Jahr ist Ephraim Meir aus Bar Ilan hinzugestoßen, einer der international renommierten Experten für jüdische Philosophie. Wenn jemand von seinem Format sagt, ich gehe nach Heidelberg, weil ich da wissenschaftlich gut aufgehoben bin, sind wir natürlich stolz darauf.
Gibt es große Vorhaben für 2008?
bodenheimer: Die Heidelberger Hochschulreden werden weitergeführt. Daneben gibt es etliche wissenschaftliche Gastvorträge und im März einen großen Kafka-Kongress, den wir in Zürich mit der dortigen Universität durchführen. Wichtig ist auch das Jugenddialogprojekt Likrat. Dafür haben wir am 27. Januar den Hermann-Maas-Preis der Evangelischen Landeskirche Baden bekommen. Ich habe das Projekt aus der Schweiz mitgebracht. Darin tut sich etwas auf, was ich auch als Zukunftsvision der Hochschule betrachte: das Schaffen von Diskursräumen, in denen sich Minderheiten mit der Gesamtgesellschaft treffen.
Wie schreiten die Bauarbeiten für den Universitätsanbau voran?
bodenheimer: Am 4. April feiern wir die Grundsteinlegung. Wir streben an, dass das Gebäude im Herbst 2009 bezugsfertig ist, so dass wir das 30-jährige Jubiläum der Hochschule im neuen Haus begehen können. Ich denke, das dürften wir auch schaffen.
Mit dem Rektor der Hochschule für Jüdische Studien sprach Ingo Way.