Es geht wieder aufwärts: Erstmals seit Beginn der Weltfinanzkrise zeichnen israelische Experten ein relativ optimistisches Konjunkturbild. »Die Rezession ist vorbei«, fasst ein israelischer Finanzanalyst das Gefühl der Märkte zusammen. Das Sozialprodukt ist im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um ein Prozent gewachsen, nachdem es in den beiden vorangegangenen Quartalen geschrumpft war.
Die israelische Notenbank hat in der vergangenen Woche den Leitzins etwas erhöht. So setzt sie ein klares Zeichen, dass die Wirtschaft des Landes besseren Zeiten entgegengehe und das Schlimmste ausgestanden sei.
wachstum Der Zinsentscheid von Zentralbankchef Stanley Fischer wurde weltweit beachtet. Israel ist nämlich eine der ersten Industrienationen, die bei den Zinsen eine Trendwende einleiteten. Als im vergangenen Jahr die Finanzkrise begonnen hatte, war Fischer ebenfalls einer der Ersten gewesen, die mit einer Billiggeldpolitik versucht hatten, die Konjunktur vor einem noch tieferen Absturz zu bewahren.
Die bessere Stimmung lässt sich auch an der Tel Aviver Börse finden. Der Index TA-25 überstieg in der vergangenen Woche die Tausendermarke und erreichte damit Werte, die seit Monaten nicht mehr registriert worden waren. Der Aufwärtstrend hat auch den Immobilienmarkt erfasst. Die Preise für Häuser und Böden waren im zweiten Quartal um 8,4 Prozent höher als im Vorjahr, heißt es in der Studie »Global Property Guide«. Mit diesem Wachstum liegt Israel weltweit an der Spitze.
Ein Wachstum der gesamten Wirtschaft um ein bis anderthalb Prozent sagt das Finanzministerium für das nächste Jahr voraus. Konjunkturoptimisten sehen sich auch durch die neuesten Zahlen am Arbeitsmarkt bestätigt. Im Juli blieb die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit Mai 2008 konstant. Die Beratungsfirma Merrill Lynch hat denn auch die Wachstumsprognose fürs nächste Jahr von 2,1 auf 2,5 Prozent nach oben korrigiert.
Für das laufende Jahr 2009 rechnet die Notenbank allerdings noch mit einem Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten um 1,5 Prozent – dem schlechtesten Resultat in der Geschichte Israels. Und auch neue Rückschläge sind nicht auszuschließen. »Die positiven Statistiken müssen sich erst einmal bestätigen«, warnt Industrieminister Benjamin Ben-Eliezer vor übertriebenen Hoffnungen, »und auch für die 210.000 Arbeitslosen müssen Jobs geschaffen werden«.
Die Skepsis ist verständlich. Denn die aktuelle Erholung wird durch die Belebung der Binnennachfrage getragen. Sie kann nur von Dauer sein, wenn auch die Exportmärkte künftig mehr israelische Produkte nachfragen. Exporteure warnen deshalb, dass die Zinserhöhung die Konjunkturerholung abwürgen könnte. Sie führe zu einer Aufwertung des Schekel, womit israelische Erzeugnisse auf den Weltmärkten weniger attraktiv würden. Der US-Dollar liegt derzeit bei rund 3,80 Schekel. Die Aufwertung der Landeswährung hat die israelischen Ausfuhren in den vergangenen Jahren erschwert. Im November 2005 war der US-Dollar noch bei 4,75 Schekel.
inflation Zentralbankchef Fischer schlägt die Bedenken der Exportwirtschaft allerdings in den Wind. Seine Hauptsorge gilt der Preisstabilität. Denn während die Zinsen in den vergangenen Monaten sukzessive reduziert worden waren, hatten sich inflationäre Tendenzen bemerkbar gemacht. Derzeit beträgt die Teuerung knapp vier Prozent. Damit ist sie deutlich höher als die ein bis drei Prozent, die von der Regierung für 2009 als Ziel genannt worden war. Die Notenbank hofft, mit dem überraschenden Zinsschritt die inflationären Tendenzen eindämmen zu können. Die vergleichsweise Milde des Abschwungs in Israel erweist sich nun an der Inflationsfront als Nachteil: Die Preise steigen in Israel schneller als in anderen Industrienationen.
Zugute kommt der Wirtschaft jetzt, dass Israels Kreditmärkte auch vor der Krise nicht überhitzt waren. Ebenso sind die Banken im Vergleich zu den USA bei Kreditvergaben konservativ. Fischer hatte den Banken zudem noch vor Krisenbeginn empfohlen, ihre Kapitalausstattung zu erhöhen.
Mit Fischer hat Israel seit 2005 einen weltweit respektierten Ökonomen an der Spitze der Zentralbank. In den späten 80er-Jahren war er Chefvolkswirt der Weltbank. Danach wechselte er zum Internationalen Währungsfonds (IWF). Bevor er an die Spitze der israelischen Notenbank berufen wurde, saß Fischer im Vorstand der Citigroup.