Den 60. Geburtstag seines Staates begeht Rafael Aharon in Berlin. Mit etwas Heimweh wird er die Feierlichkeiten in Israel betrachten. Schließlich wäre er gerne dort mit dabei. Doch hat er hier eine wichtige Aufgabe zu erledigen: die Jewish Agency in Deutschland zu vertreten. Und das wird er auch an diesem 8. Mai tun – beim großen Israel-Fest auf dem Gendarmenmarkt.
Im November vergangenen Jahres ist der 44-Jährige nach Berlin gekommen, sozusagen in offizieller Mission für den jüdischen Staat. Dementsprechend ist auch sein Büro am Hohenzollerndamm geschmückt mit einer kleinen israelischen Flagge auf dem Schreibtisch und dem Staatswappen an der Wand. Dort hängt neben Bildern von Jaffa und Jerusalem auch eine Deutschlandkarte, die er recht häufig genauer unter die Lupe nehmen muss. Denn er ist viel auf Achse. Erst kürzlich war er in Rostock, zuvor in Frankfurt am Main, danach in Hannover. Auch in Nordhausen hatte er zu tun.
Seine zahlreichen Termine hat er im PDA, dem kleinen Taschencomputer, ge-
speichert. »Der und meine Frau bestimmen mein Leben«, lächelt er. Rafael Aharon lebt mit seiner Frau Nina und der 14 Jahre alten Tochter Danielle in der neuen Heimat auf Zeit.
Geboren ist er in Riga. Von Litauen aus hat er 1972 den Weg angetreten, den er für Juden in aller Welt als den einzig richtigen hält: den Weg nach Zion, Alija nach Israel. Er spricht Russisch, Englisch und selbstverständlich Hebräisch. Nach Berlin hat es ihn eher durch Zufall verschlagen, eigentlich sollte er einen Job in Taschkent übernehmen. Aharon, der einen Magister der Soziologie der Uni Haifa hat, war vor seiner Tätigkeit bei der Jewish Agency in der Privatwirtschaft tätig.
In Israel ist er im Norden zu Hause, in Nof Kinneret, in der Nähe von Sefad. Sein Hobby dort ist die Gartenarbeit. Die wird ihm hier in der Charlottenburger Mietwohnung ein wenig fehlen. Aber viel Zeit zum Rasenmähen oder Blumenpflanzen hätte er jetzt sowieso nicht. »So viel ist hier zu tun«, sagt er. Wie er seine Aufgabe versteht? »Wir müssen Infos geben und Möglichkeiten aufzeigen, damit die Menschen entscheiden können. Alija ist niemals einfach. Aber wir sind dazu da zu helfen.«
Er freut sich über steigendes Interesse in letzter Zeit. »Das stellen wir bei den russischsprachigen Gemeindemitgliedern ebenso wie bei den Alteingesessenen fest.« Genaue Zahlen, wie viele Juden im vergangenen Jahr von Deutschland nach Israel ge-
gangen sind, nennt er nicht. »So zwischen 100 und 200 waren es. Auf jeden Fall hoffe ich, die Zahl erhöhen zu können.«
Wie? Auf jeden Fall nicht nur mit dem Verweis auf die zionistischen Ideale. »Es geht nicht nur um Ideologie. Wir haben in Israel auch viel zu bieten.« Dabei nennt er hervorragende Jobmöglichkeiten, zum Beispiel im Bereich Hightech, die sehr guten Bildungsangebote und nicht zuletzt den Lebensstandard, der in den vergangenen 60 Jahren seit der Staatsgründung geklettert ist und, wie Aharon stolz betont, inzwischen schon höher liegt als in manchem Land der Europäischen Union. »Es ist ein toller Staat. Wir haben viel, auf das wir stolz sein können«, meint der Vertreter der Jewish Agency und hofft, dass sich bald viel mehr Juden aus Deutschland davon selbst überzeugen. Detlef David Kauschke
Rafael Aharon