von Holger Spierig
Die bundesweit erste Synagoge in einer ehemaligen evangelischen Kirche nimmt Gestalt an. Die Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld stellte am 21. August die Pläne für den Umbau der ehemaligen Paul-Gerhardt-Kirche vor. Dieser Umbau sei für ihn eine besondere Herausforderung, erklärte der Architekt Klaus Beck. Dabei solle die ursprüngliche Gestalt lebendig bleiben, betonte er. Die jüdische Gemeinde hatte die frühere Kirche am 6. Juli gekauft.
Den Plänen zufolge soll lediglich die Turmspitze der Kirche abgetragen werden, ihre Grundstruktur jedoch im Wesentlichen erhalten bleiben, erklärte der Architekt weiter. Ingesamt werden die Formen rundlicher. Das gilt sowohl für den Turm als auch für die Turmfenster, die mit ihrer länglichen Form die Tora symbolisieren sollen.
Die ersten Arbeiten im Untergeschoss können bereits Ende September beginnen. Für den äußeren Umbau muss jedoch noch die Zustimmung der Stadt abgewartet werden. Die jüdische Gemeinde hofft, bereits in einem Jahr die Synagoge eröffnen zu können.
Die Kosten für den Erwerb und den Umbau in Bielefeld bezifferte die Kultusgemeinde auf insgesamt 2,5 Millionen Euro. An den förderungsfähigen Kosten beteiligt sich das Land Nordrhein-Westfalen mit 80 Prozent, die Stadt Bielefeld mit zehn Prozent. Bis zu 600.000 Euro werde die jüdische Kultusgemeinde aufbringen müssen, erklärte Irith Michelsohn vom Vorstand der jüdischen Gemeinde. Für den Bau seien auch Spenden aus der Bevölkerung willkommen. Voraussichtlich wird das derzeitige Haus der Kultusgemeinde in der Stapenhorststraße verkauft, damit der Erlös in die Umbaukosten fließen kann.
Das neue Gotteshaus wird der rund 300 Mitglieder zählenden Gemeinde als Betraum und Ort der Zusammenkunft dienen. Außerdem soll dort Unterricht stattfinden. Geplant sind aber auch öffentliche kulturelle Veranstaltungen und Feiern. Es sei eine »großartige Sache für Bielefeld«, dass es 70 Jahre nach dem Niederbrennen der ehemaligen Synagoge wieder ein repräsentatives Gotteshaus in der Mitte der Stadt geben werde, erklärte Michelsohns Vorstandskollege Paul Yuval Adam.
Auch der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe äußerte sich erleichtert. »Wir sind sehr froh, dass es zu einem friedlichen Abschluss gekommen ist«, sagte die Vorsitzende Hanna Sperling. Der Kirchenverkauf war bundesweit in die Schlagzeilen geraten, weil eine Bürgerinitiative für den Erhalt der Kirche das Gebäude bis Ende Juni besetzt hielt.
Der Pfarrer der Neustädter Mariengemeinde, zu der die Paul-Gerhardt-Kirche gehörte, begrüßte die Pläne für das jüdische Gotteshaus. Es gebe jedoch auch »ein weinendes Auge«, wenn eine Gemeinde einen belebten Raum aufgeben müsse, sagte Pastor Alfred Menzel. Es sei jedoch schön, dass das Gebäude ein Gotteshaus bleibe.