von Katrin Richter
Die Sängerin Amy Winehouse ist nicht zu übersehen. Eine kleine Frau mit großer Frisur. Doch auf dem Vanity Fair-Cover der vergangenen Ausgabe stiehlt ihr ein kleiner roter Kasten die Show. In ihm wird das »Skandal-Interview« zwischen dem Vanity Fair-Autor Michel Friedman und dem »Chef-Nazi« Horst Mahler angekündigt. Auf zehn Seiten soll der Leser die Demaskierung des Horst Mahler erleben. Im Vorwort begründet die Redaktion der Wochenzeitung, warum sie das Anfang Oktober geführte Interview veröffentlicht: »Wir glauben, dass es eine bessere Bloßstellung der deutschen Rechtsextremen nie gegeben hat.«
Das sieht Stephan J. Kramer, der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, ganz anders. Dem Berliner Tagesspiegel sagt er, es sei unsäglich und nicht zu rechtfertigen, Mahler eine solche Plattform zu bieten. Mit dieser Meinung ist Kramer nicht allein. Auch Volker Beck, Bundestagsmitglied der Grünen, sagt: »Ich wundere mich über Vanity Fair, dass sie Horst Mahler ein Forum gibt, das ist PR für Mahler. Ich kann das Lesen des Artikels keinem empfehlen.«
Wer es dennoch tut, findet Sätze wie: »Hitler war der Erlöser des deutschen Volkes« oder: »Die systematische Vernichtung der Juden in Auschwitz, das ist eine Lüge.« Worte aus dem Munde des Mannes, der in den 60er-Jahren Jura studierte und sich im Umfeld linker Studenten bewegte. Der die RAF mitbegründet hat, wegen Bankraubs inhaftiert war und dessen politische Ansichten sich in den 90er-Jahren radikalisierten. Schließlich trat er im Jahr 2000 der NPD bei, die er mittlerweile wieder verlassen hat.
Dass Friedman, den Mahler zu Beginn des Interviews mit »Heil Hitler« begrüßt, das Interview überhaupt geführt habe, zeige, dass er »seine Eitelkeit befriedigen muss«, sagt Wolfgang Benz, Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin und fügt hinzu: »Den Versuch, mit Mahler per Interview ins Geschäft zu kommen, halte ich für groben Unfug.«
»Als ich das Interview gelesen habe, ist mir ganz schlecht geworden«, sagt Philipp Mißfelder, Vorsitzender der Jungen Union. Er hält es für zweifelhaft, einem Menschen wie Horst Mahler eine solche Plattform zu geben. Das sieht Dirk Niebel, Generalsekretär der FDP, ein wenig anders. »Interviews mit armseligen Gestalten wie Horst Mahler zu verbieten, wertet sie unnötig auf. In diese Falle sollten selbstbewusste Demokraten nicht treten.« Ausgerechnet Friedman Blauäugigkeit gegen- über der NPD zu unterstellen, sei absurd. »Wer Rechtsradikale politisch bekämpfen will, muss der Bevölkerung die Möglichkeit geben, deren menschenverachtende Vorstellungen zu erkennen.«
Auch Friedman verteidigt sein Interview. »Ich kann die Kritik verstehen. Dennoch ist es meine journalistische Pflicht, das Unappetitliche zu vermitteln.« Wäre Mahler nur ein Einzelfall, wäre er nach Ansicht von Friedman nicht der Rede wert. »Aber in Deutschland gibt es viele Menschen, die ähnlich denken wie Mahler. Nur formulieren sie es oft eleganter und softer.«