frankreich

Gnade vor Recht

Vergangenen Freitagabend sprach ein Pariser Gericht das Urteil gegen eine kriminelle Bande. Die sogenannte Gang der Barbaren, 27 junge Männer und Frauen, hatte 2006 den französischen Juden Ilan Halimi entführt und ihn 24 Tage lang gefoltert. Schließlich ermordeten sie den damals 23-Jährigen, weil seine Familie das geforderte Lösegeld nicht zahlen konnte. Die Urteile sind gefällt, doch soll es nach heftigen Protesten zu einer Neuverhandlung kommen.
Drei Jahre nach dem grausamen, antisemitisch motivierten Mord wurde der Haupttäter Youssouf Fofana (28) zur Höchststrafe von 22 Jahren Haft verurteilt. 24 Mitangeklagte erhielten Strafen, die von sechs Monaten auf Bewährung bis hin zu 18 Jahren Haft reichen; zwei von ihnen wurden freigesprochen. Die Nebenkläger zeigten sich enttäuscht über einige ihrer Ansicht nach zu milden Urteile.

protest Frankreichs jüdische Organisationen starteten Anfang der Woche eine Protestaktion. Hunderte Menschen gingen am Montag auf die Straße. Am selben Tag forderte Justizministerin Michèle Alliot-Marie die weisungsabhängige Generalstaatsanwaltschaft dazu auf, in Berufung zu gehen und alle Urteile anzufechten, die unter den Strafmaßforderungen der Staatsanwaltschaft geblieben waren. Es wurde beschlossen, gegen 14 Urteile Berufung einzulegen.
Das CRIF, die Dachorganisation der Juden in Frankreich, bezeichete den Prozess in einer Pressemitteilung als »verpasste Chance« und als »zu milde«, da vor allem die junge Frau, die bei der Entführung als Lockvogel gedient hatte, lediglich zu neun, statt den geforderten zehn bis zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Der Anwalt der Familie Halimi forderte außerdem speziell für Ilans sechs Bewacher, die an den Folterungen aktiv oder passiv beteiligt waren, ein schärferes Urteil.
Staatsanwalt Philippe Bilger hingegen verteidigte das Urteil und sprach von einer »beispielhaften Justiz«, die »sowohl die Schwere der Taten, als auch die Persönlichkeit der einzelnen [Beteiligten] berücksichtigt«. So erhielt Youssouf Fofana wie erwartet die Höchststrafe und seine beiden Hauptkomplizen Samir Aït Abdelmalek (30) und Jean-Christophe Soumbou (23) wurden zu je 15 und 18 Jahren Gefängnis verurteilt.

showeinlagen Fofana reagierte auf den Richterspruch mit Provokationen. Der junge Mann – kahl geschorener Kopf und gestutzter Bart – klatschte ironisch Beifall. In den zehn Wochen, die der Prozess insgesamt gedauert hatte, lieferte Fofana den Richtern und insbesondere Ilans Angehörigen bizarre Showeinlagen, die von Schuhwürfen, Allahu-Akbar-Rufen bis hin zu diversen antisemitischen Pöbeleien reichten. Für den letzten Prozesstag hatte sich der Bandenchef etwas ganz Besonderes ausgedacht: Bevor sich die Staatsanwälte und Geschworenen zur zweitägigen Beratung zurückzogen, gab er ihnen ein Zitat von Israels erstem Ministerpräsidenten David Ben Gurion mit auf den Weg: »Lieber einen Tag lang Löwe sein als 100 Tage Schaf.«
Aufgrund von Fofanas ständigen Verbalattacken beschlossen Halimis Angehörige schließlich, an den nichtöffentlichen Verhandlungen, zu denen sie als Nebenkläger zugelassen waren, nicht mehr teilzunehmen. Auch zur Urteilsverkündung, die auf einen Schabbat fiel, erschienen sie nicht.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025