Glück im
Unglück
Thomas Buergenthal liest aus
seinen Erinnerungen
Zur dritten Buchpräsentation des IKG-Kulturzentrums im neuen Gemeindezentrum ist Thomas Buergenthal gekommen. Der 73-jährige Professor für Menschenrechte ist auch Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Ungeduldig warten die Zuhörer darauf, seine Geschichte zu hören. Verfasst hat Thomas Buergenthal seine Lebenserinnerungen in englischer Sprache, in Amerika aber bislang keinen Verleger gefunden. So freut es ihn umso mehr, dass Susanne Röckel Ein Glückskind für den S. Fischer Verlag ins Deutsche übersetzt hat.
Zum ersten Mal hatte 1939 eine Wahrsagerin der Mutter des damals Fünfjährigen vorausgesagt, ihr Junge sei ein »Glückskind«. Das sollte ihr später helfen, die Hoffnung nicht aufzugeben, nachdem sie ihren Jungen in der Hölle der Nazis verloren hatte.
Thomas Buergenthals glückliche Kindheit in Lubochna (Tschechoslowakei) wird jäh beendet, als die Familie vor den Nazis nach Polen fliehen muss. Dort folgen Verhaftung, Getto, Auschwitz. Der Junge gehört zu den wenigen Kindern, die den »Todesmarsch« im Winter 1945 überleben. »Wenn ich aufgebe, haben sie gewonnen«, sagt der kleine Junge damals immer wieder zu sich. Er erlebt den Kampf um Berlin und landet als Elfjähriger schließlich in einem jüdischen Waisenhaus.
Natürlich interessiert sich das Publikum sehr für das Schicksal dieser Familie. Doch viele Fragen beziehen sich auch auf die heutige Situation, etwa den Rechtsradikalismus. Der Holocaust-Überlebende sagt: »Wer das überlebt hat, was ich überlebt habe, der will vor allem eines: solche Dinge für andere verhindern.« Veranstalterin Ellen Presser gibt dem Publikum den letzten Satz aus dem Glückskind mit auf den Weg: »Wir können einfach nicht aufhören mit dem Versuch, eine Welt zu schaffen, die sich auf Recht und Gerechtigkeit gründet, ganz gleich, wie langsam wir dabei vorankommen.« Marina Maisel